Ein FSJ in Ghana Folge 13: Zwischenseminar

Ein FSJ in Ghana Folge 13: Zwischenseminar

Unsere Arbeitsumgebung

Erfahrungen, Emotionen und Meer – vom 14. bis 19. Februar fand als verpflichtender Bestandteil des weltwärts-Freiwilligendienstes mein Zwischenseminar statt. Von diesen paar Tagen nehme ich viel Input mit, in den ich euch hier einen kleinen Einblick geben möchte:

Programm

Zuerst einmal das wichtigste: Das Zwischenseminar fand in paradisischer Kulisse an der Küste des Dorfes Ampenyi nahe Cape Coast statt. Unter Kokospalmen spielten wir im brenned heißen Sand Volleyball, kühlten uns in schäumenden Wellen ab und genossen sehr, sehr leckeres Essen.

Wie auch schon beim Vorbereitunsseminar war unser Programm sehr vielfältig und die Methoden kurzweilig.

Wir haben aber auch inhaltlich gearbeitet: Zuerst beschäftigten wir uns mit unseren Erfahrungen bezüglich Einsatzstelle, Freundschaften und Freizeit. Im Austausch konnten wir uns gegenseitig gut in unseren Herausforderungen unterstützen, da sich diese trotz unserer unterschiedlichen Lebenssituationen häufig erstaunlich ähnlich sind. Ebenfalls motivierend war eine Reflexion vergangener Erwartungen, welche wir jetzt in wesentlich realistischere Pläne umwandeln können.

Darüber hinaus setzten wir den Freiwilligendienst in den größeren Kontext gesellschaftlicher und globaler Strukturen. Als Mahnmal des transatlantischen Sklav*innenhandels diente unser Besuch im Cape Coast Castle als Ausgangspunkt, uns mit Ghanas Kolonialgeschichte auseinanderzusetzen und bestehende Machtgefälle zwischen Globalem Süden und Globalem Norden als postkoloniale Folgen zu betrachten. Hierunter besprachen wir beipielsweise unsere Rolle in kultureller Aneignung oder nahmen wahr, wie einseitig unser Verständnis von „Entwicklung“ verinnerlicht ist.

Gruppenbild aller 18 Freiwilligen von drei Entsendeorganisationen sowie die zwei Koordinatorinnen von bezev.

In Kleingruppen oder großer Runde, in der Freizeit oder im Einzelgespräch mit bezev hatten wir alle ein immenses Austauschbedürfnis. Das lässt mich mit vielen Eindrücken, aber auch dem Bedürfnis nach mehr Gesprächen zurück.

Bedeutung des Freiwilligendienstes

Schon vor meinem eigentlichen Freiwilligendienst hat mich dieses Thema beschäftigt. Inzwischen habe ich ein paar Erfahrungen mehr gemacht und ein paar Gespräche mehr geführt. Auf dem Zwischenseminar beschäftigten wir uns ebenfalls mit den unterschiedlichen Rollen von uns Freiwilligen und auch, wie Erwartungen und Realität in den wenigsten Fällen übereinstimmen. Im Folgenden möchte ich deshalb einige Gedanken und eigene Schlussfolgerungen dazu teilen. Anführungszeichen setze ich bewusst da, wo Begriffe hauptsächlich einer westlichen Definition folgen.

Eure genauso wie meine Vorstellungen von „Afrika“ sind extrem verzerrt, geprägt durch ein monothematisches Medienbild. Entweder es handelt sich um Reisen, dann sehen wir Tiersilhouetten vor untergehender Sonne, Menschen in traditioneller Kleidung, sogenannte „Exotik“. Oder aber Katastrophenbilder und Spendenaufrufe suggerieren Bedürftigkeit, Uneigenständigkeit, „Armut“.

Auch anders herum zeigen die Musikvideos und Filme hier hauptsächlich den „Reichtum“ westlicher Länder und erzeugen so ebenfalls unzureichende Vorstellungen.

In einer Einheit beschäftigten wir uns mit unterschiedlichen Rollen von uns Freiwilligen.

Obwohl dieses Medienbild sehr verzerrt ist und niemals der gelebten Vielfalt gerecht werden kann, beeinflusst es mich, mein Umfeld in Ghana und in Deutschland – und führt zu Erwartungen von allen Seiten. Es scheint mir häufig so, als würde ich auf der einen Seite als „Expertin für Afrika“ und andererseits als Repräsentantin der weißen westlichen Welt wahrgenommen werden, Rollen, die ich weder erfüllen kann noch möchte. Darüber hinaus sind meine zwischenmenschliche Beziehungen hier im Gastland von beidseitigen Vorurteilen geprägt und ich merke immer wieder, wie diese Vorstellungen mein Verhalten und Verhalten mir gegenüber beeinflussen. Mein Wunsch nach Integration, danach, nicht als fehlerfrei oder höhergestellt betrachtet zu werden, trifft daher nicht selten auf Hürden.

Um falschen Erwartungen entgegenzuwirken möchte ich daher ein bisschen auf meine Rollen als Freiwillige eingehen:

1. Lernen: Mitte Oktober hat sich meine Lebenssituation so starkt verändert wie noch nie zuvor, täglich bin ich mit neuen Erfahrungen konfrontiert. Indem ich diese bewusst wahrnehme und reflektiere, lerne ich ständig über mich und mein Umfeld.

2. Austausch: Jede Begegnung stellt einen Austausch dar – deshalb sehe ich im Nachfragen und Zuhören meine Hauptaufgabe. Nur so beginne ich, andere Perspektiven wertzuschätzen und Vorurteile abzubauen. Auch anders herum trage ich durch meine Erzählungen und Verhaltensweisen zu einem differenteren Bild der westlichen Welt bei, wenn ich beispielsweise selbst körperlicher Arbeit nachgehe, eigene Schwächen zugebe oder post-materialistische Werte demonstriere. Und obwohl meine Berichte nach Deutschland natürlich immer nur meine eigenen, subjektiv beeinflussten Erfahrungen widerspiegeln, hoffe ich doch, das vorherrschende Medienbild um ein paar Facetten bereichern zu können.

3. Engagement: Der weltwärts-Freiwilligendienst an sich darf nicht als häufig sogenannte „Entwicklungshilfe“ betrachtet werden – ich bin viel zu unqualifiziert und unerfahren, um in meiner Einsatzstelle etwas zu beeinflussen (wer wissen möchte, weshalb der Begriff „Hilfe“ in diesem Zusammenhang so kritisch ist, kann sich gerne mit „White Saviorism“ beschäftigen). Es handelt sich vielmehr um einen Lerndienst, in dem ich zu einer eigenständigeren und weltbewussteren Person wachse – und mein erlerntes Wissen im besten Fall später einsetze. Genau dieser Einsatz ist auch der Grund, weshalb der Freiwilligendienst von Geldern aus der Entwicklungspolitik finanziert wird.

Das alles möchte ich auch in meinen Berichten so weit wie möglich berücksichtigen. Und auch wenn nicht alle Erwartungen der Realität entsprechen, schaffe ich es doch immer mehr, mich ohne ein vorgefertigtes Bild auf neue Situationen einzulassen.

Meine Partner:    weltwärts      bezev e.V.     Norsaac

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