Schon seit Monaten stand fest: Mein weltwärts-Freiwilligendienst in Ghana endet am 28. April 2023. Dieses Datum kam unbegreiflich schnell näher, bis es mich schließlich einholte – voller Melancholie wegen dem, was auf jeden Fall geht, und voller Vorfreude auf das, was eventuell oder aber bestimmt kommen mag. Nun hat mich das Datum sogar schon überholt, und ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um auf die letzten Tage meines Freiwilligendienstes zurückzuschauen.
In meinen letzten Tagen in Tamale kam so einiges dazwischen: Beispielsweise bereisten wir eineinhalb Wochen vor meinem Abschied verschiedene Jugendgruppen im Norden Ghanas, um mit ihnen über das Programm Power to You(th) zu sprechen. Außerdem endete am 22. April der Fastenmonat Ramadan, und das mehrheitlich muslimische Tamale bot mit Feierlichkeiten rund um das Zuckerfest Eid al-Fitr viel (Folge 22: Islam). Diese Anlässe waren sehr schön, und ich war froh über diese interessanten Einblicke bis ganz zum Schluss meines Freiwilligendienstes; allerdings blieb mir dementsprechend wenig Zeit zum Packen, Backen und für persönliche Verabschiedungen.
Einen sehr netten Abschied in meiner Einsatzstelle Norsaac hatte ich, denn meine Kolleg*innen überraschten mich mit einer Bildcollage und herzlichen Worten. Ich war froh, dass ich bereits zu Beginn des Jahres in weiser Voraussicht kleine Geschenke vorbereitet hatte und mich nun angemessen von meinen engsten Bekannten verabschieden konnte – mit deutschen Süßigkeiten und Fotos von gemeinsamen Erinnerungen. Zur gleichen Zeit wollte ich aber auch Mitbringsel für Deutschland besorgen, Wäsche waschen, mein viel zu schweres Gepäck packen und ab und zu noch einmal innehalten, um die warme, staubige Luft sowie die drohenden Gewitterwolken einzuatmen.
Das Anhalten und Durchatmen gelang mir schließlich am 24. April im Nachtbus nach Accra. Mein zweites Zuhause Tamale ließ ich nach über 18 Monaten vorerst hinter mir, die Sommerluft nahm ich für den Übergang aber vorsichtshalber noch einmal mit: Mein Freund und ich wollten die letzten drei Tage meines Freiwilligendienstes gemeinsam in der Hauptstadt verbringen, um uns hier auf die Umstellung vorzubereiten.
Die Tage vergingen im Flug und wir genossen sowohl Sonnenschein wie Regenguss am Pool. Die restliche Zeit verbrachten wir im Verkehr der Großstadt, etwa auf dem Weg zum Zoo, um dort Billard zu spielen, oder auf der Suche nach Jollof-Rice, den wir letztendlich nicht fanden. Doch wie jeder Urlaub neigten sich auch diese schönen Tage viel zu schnell dem Ende zu, und schon befanden wir uns im Stau Richtung Flughafen.
Rein räumlich betrachtet sind Ghana und Deutschland nicht allzu weit voneinander entfernt: Nur sechs Flugstunden, direkte Luftlinie. Allerdings gibt es keinen Direktflug zwischen den beiden Ländern, sodass ich einen eintägigen Umweg über das östliche Ende der Arabischen Halbinsel machen musste und zuerst meinen Transit in Doha (Katar) ansteuerte.
Zu diesem Zeitpunkt wanderten meine Gedanken allerdings noch tief am Boden, sodass ich gar nicht richtig erleichtert sein konnte, es ganz allein bis zum richtigen Flugzeug geschafft zu haben. Oder sicher gelandet zu sein. An einem riesigen Flughafen zwischen Sanddünen und Meer, an dem es dank Zeitverschiebung bereits um zwei Uhr nachts hell ist und der sich ganz allgemein unwirklich anfühlte. Aber das passte ja zu meinen Gedanken, beziehungsweise denen, welche am Boden geblieben waren. Denn selbst wenn die Entfernung zwischen Deutschland und Ghana ein Vierfaches der sechs Stunden beträgt, ist das immer noch viel schneller, als die Gedanken nach eineinhalb Jahren jemals folgen könnten und dementsprechend war ich überrascht, meine Familie am 29. April so unverhofft am Frankfurter Flughafen wieder zutreffen und den Geruch der Wohnung so intensiv zu riechen, wie man ihn sonst nur nach langen Urlauben wahrnehmen kann.
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