
Das Steuerrecht ist ein umfangreiches und scheinbar unübersichtliches Themengebiet. Dennoch ist es für Arbeitnehmer unumgänglich, sich damit zu befassen – das gilt auch für Azubis. Die wichtigsten Fragen rund um Steuerzahlungen während der Ausbildung beantwortet der folgende Ratgeber:
Wann Auszubildende Steuern zahlen müssen, ist von der Höhe der Vergütung und der Lohnsteuerklasse abhängig. Die meisten Azubis sind als Ledige und Kinderlose in der Steuerklasse I. Alleinerziehende besitzen Klasse II, Verheiratete können in Steuerklasse III, IV oder V sein und Personen, die noch einen zusätzlichen Nebenjob ausüben, sind in Klasse VI.
Achtung: Wer neben seiner Ausbildung einen Nebenjob ausüben möchte, benötigt die Zustimmung des Arbeitgebers.
Der Grundfreibetrag beträgt 10.908 €. Liegt der jährliche Verdienst unter dieser Grenze, sind keine Steuerabgaben notwendig. Bei einem höheren Einkommen sind Lohn- und Kirchensteuer sowie der Solidaritätszuschlag zu entrichten.
Die Lohnsteuer orientiert sich dabei an der Steuerklasse. Verdient ein Azubi mit der Steuerklasse I mehr als 946 € brutto im Monat, muss Lohnsteuer gezahlt werden. Bei der Steuerklasse VI gilt allerdings eine Sonderregelung. Hierbei müssen die meisten Azubis in ihrem ersten Ausbildungsjahr keine Steuern zahlen, da der Betrag an der Obergrenze der gezahlten Ausbildungsvergütungen liegt. In den Fällen, in denen dennoch eine Lohnsteuer fällig wird, ist der Ausbildungsbetrieb für deren Abführung zuständig.
Die Kirchensteuer fällt selbstverständlich nur dann an, wenn der/die Auszubildende einer Konfession angehört, also zum Beispiel katholisch oder evangelisch ist. In Bayern und Baden-Württemberg beträgt diese Kirchensteuer 8 % der Lohnsteuer – nicht der Ausbildungsvergütung. In den restlichen Bundesländern beträgt sie 9 %. Muss ein Azubi also keine Lohnsteuer zahlen, wird auch keine Kirchensteuer erhoben.
Seit Anfang 2021 ist der Solidaritätszuschlag für rund 90 Prozent derjenigen, die Lohnsteuer und veranlagte Einkommensteuer zahlen, durch die Anhebung der Freigrenzen vollständig entfallen. Die Freigrenze von bisher 16.956 Euro wird im Jahr 2023 auf 17.543 Euroangehoben, 2024 steigt sie weiter auf 18.130 Euro. Damit wird auch die Berechnung des Soli an die Inflation angepasst.
Beiträge für Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungen stellen die sogenannten Sozialabgaben dar. Diese sind jedoch erst nötig, wenn die Ausbildungsvergütung über monatlichen 325 € brutto liegt. Fällt das Gehalt geringer aus, ist der Arbeitgeber für diese Abgaben zuständig.
Insgesamt belaufen sich die Sozialabgaben auf 40 % der Ausbildungsvergütung. Der Azubi selbst muss davon aber nur rund 20 % zahlen, den Rest übernimmt der Ausbildungsbetrieb. Nach Abzug der Sozialabgaben und Steuern steht einem der Netto-Betrag des Gehalts schließlich zur freien Verfügung.
An vielen Kosten, die während der Ausbildungszeit anfallen können, beteiligt sich der Staat. Dazu gehören zum Beispiel die Fahrten zum Betrieb, Ausgaben für Lehrbücher oder die Anschaffung eines Laptops. Mittels der Steuererklärung können sich Azubis alle ausbildungsbedingten Aufwendungen als sogenannte Werbungskosten steuerlich geltend machen.
Das Finanzamt zahlt aber nur dann Steuern zurück, wenn auch tatsächlich Steuern abgeführt wurden. In der jährlichen Lohnsteuerbescheinigung wird aufgeführt, wie viel Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag oder Kirchensteuer fällig waren. Diese können sich Azubis in der Regel komplett zurückholen.
Doch auch für diejenigen, die keine Steuern an das Finanzamt abgeführt haben, kann sich eine Steuererklärung lohnen. Mit einem Verlustvortrag – sprich, wenn mehr Ausgaben als Einnahmen zu verzeichnen sind – können Azubis eine Steuergutschrift erhalten.
Das kostenlose Ratgeberportal www.anwalt.org bietet viele weitere Informationen rund um das Steuerrecht, z.B. welche Steuerklasse die richtige ist oder eine Anleitung für die Steuererklärung.
Egal, ob Minijob, Werkstudententätigkeit oder BAföG – auf irgendeine Weise verdient sich ein Großteil der Studierenden nebenbei Geld dazu. Doch dabei sollten auch die Auswirkungen auf Steuern und Sozialversicherung berücksichtigt werden. Die wichtigsten Infos dazu:
Zunächst die gute Nachricht: BAföG-Leistungen sind steuerfrei. Wer sich noch etwas hinzuverdienen möchte, sollte sich beim zuständigen Amt erkundigen, wie viel das sein darf, da individuelle Verdienstgrenzen gesetzt werden. Bei Überschreiten dieser wird das Einkommen angerechnet und die BAföG-Leistung entsprechend gesenkt.
Grundsätzlich sind bis zu 6.545 € Bruttoverdienst im Jahr anrechnungsfrei möglich. Für Studenten, die verheiratet sind oder Kinder haben, gelten etwas höhere Freibeträge. Gegebenenfalls – zum Beispiel bei fälligen Semestergebühren – kann auch ein Einkommen über der Verdienstgrenze anrechnungsfrei bleiben. Dafür muss jedoch ein entsprechender Antrag gestellt werden.
Minijobs auf 520-€-Basis sind in der Regel steuer- und sozialversicherungsfrei. Einkünfte aus allen anderen Tätigkeiten – zum Beispiel bei einem Vollzeit-Ferienjob oder bezahlten Praktikum über 520 € – sind jedoch grundsätzlich steuerpflichtig.
Werkstudenten verdienen in der Regel mehr als 520 €, das heißt aber noch nicht, dass in jedem Fall Steuern abgezogen werden. Der gültige Steuerfreibetrag hängt von der Steuerklasse als Student ab, die sich nach dem Familienstand richtet. Unverheiratete und Kinderlose sind in Steuerklasse I eingestuft; dort beträgt der jährliche Grundfreibetrag zurzeit 10.908 €. Wer also weniger als 909 € im Monat verdient, muss auch keine Einkommenssteuer zahlen. Bei einem höheren Verdienst wird für den darüber liegenden Betrag ein Steuerabzug fällig – je nach Steuerklasse sind das 14 % oder mehr. Dies zieht auch den Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls die Kirchensteuer nach sich.
Durch das Einreichen einer Steuererklärung kann die abgeführte Lohnsteuer oftmals vom Finanzamt erstattet werden. Liegt das zu versteuernde Einkommen unterhalb des Grundfreibetrages von 10.908 €, wird die einbehaltene Lohnsteuer in voller Höhe erstattet – inklusive der Kirchensteuer sowie des Solidaritätszuschlags.
Aber auch bei einem höheren Verdienst können Studenten vieles erstattet bekommen, und zwar durch studien- oder arbeitsrelevante Aufwendungen: Den Werbungskosten. Dazu zählen zum Beispiel Büromaterial oder die Kosten für die Anfahrt zur Universität oder zum Job. Liegen die Werbungskosten über dem Pauschbetrag von 1.230 €, bekommt man die Steuern erstattet.
Hat der oder die Studierende noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet, erhalten die Eltern weiterhin Kindergeld – zumindest, wenn es sich um die Erstausbildung handelt. Bei der zweiten Ausbildung geht der Gesetzgeber allerdings davon aus, dass der Student in der Lage ist, sich selbst zu finanzieren, sodass nur unter strengen Voraussetzungen Kindergeld gewährt wird.
Bei der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung gilt die 20-Stunden-Grenze. Arbeitet der Student mehr, überwiegt das Arbeitsverhältnis gegenüber dem Studium. Nur wenn die Beschäftigung in den Abend- oder Nachtstunden erfolgt, kann man gegebenenfalls weiterhin als ordentlicher Student gelten und somit Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung erreichen.
Um in der Familienversicherung kostenlos weiterversichert zu bleiben, dürfen Studierende nur sehr wenig verdienen – aktuell sind das 540 € (2021) im Monat. Bei darüberhinausgehenden Einkünften muss stattdessen eine studentische Versicherung selbst finanziert werden.
Studenten müssen jedoch keineswegs grundsätzlich neben dem Studium arbeiten gehen. Sie besitzen auch das Recht auf Kindesunterhalt vonseiten der Eltern. Mehr dazu erfahren Sie unter www.familienrecht.net/kindesunterhalt/
Laura Gosemann, Berufsverband der Rechtsjournalisten e.V.
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