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Ein FSJ in Ghana Folge 10: Ernährung

Abends helfe ich immer beim Abwasch – anfangs war es ein bisschen ungewohnt, kaltes Wasser zu verwenden und die feste Seife in dem netzartigen Schwamm zu verteilen, bis es schäumt.

Da ich inzwischen wohl die meisten ghanaischen Gerichte kennenlernen durfte, Essen offiziell als meine „Passion“ anerkannt wurde und meine Hüfte zwei Inches mehr misst, ist es höchste Zeit für einen Eintrag über Ernährung!

Die Grundzutaten

Yam schmeckt ein bisschen wie Kartoffeln, ein bisschen wie Maronen. Zur Zubereitung wird er geschält, wonach die Haut ein bisschen juckt und dann entweder frittiert, gekocht oder gegrillt. Wird der gekochte Yam anschließend mit einem Holzstab gestampft, entsteht ein fester Brei (Fufu). Alternativ kann der Yam aber auch zu Mpotompoto verarbeitet werden, was auf Englisch Yam Porridge heißt und auf Deutsch wohl eher mit Kartoffelstampf vergleichbar ist. In Norden gibt es zudem noch das lokale Gericht Wasawasa, was zwar mehr wie dunkle Linsen als wie Yam aussieht und schmeckt, aber mit Pepper sehr lecker ist.

Kochbananen können ebenfalls frittiert oder gegrillt gegessen werden. Besonders lecker schmecken die süßen Plantain mit Bohneneintopf oder Reis.

Hier versuche ich, Fufu in Form zu bringen und Faustina lacht mich dabei aus.

Die deutsche Reiszubereitung hieße hier wohl Plain rice. Plain rice wird entweder so gegessen, mit Gemüse zu Fried rice angebraten oder (absichtlich) überkocht und zu Rice balls geformt. Ist der Reis mit Öl gekocht, erhält man sogenannten Baby rice, wird er hingegen direkt in der Soße gekocht, wird er zu Jollof rice – es gibt übrigens einen ernsthaften Wettstreit zwischen dem ghanaischem und nigerianischem Jollof. Neben Jollof ist Waakye meist das einzige Gericht, in dem nicht der importierte Jasminreis, sondern der in Ghana angebaute dunklere Reis verwendet wird. Waakye heißt auch Rice&Beans und hält eigentlich ziemlich genau, was der Name verspricht.

Außerdem gibt es Spaghetti und natürlich Indomie, die Fertignudeln, die mit Gemüse, Gewürzen und Ei angebraten werden.

Eine weitere elementare Grundzutat ist Mehl aus Mais, Cassava oder Hirse. Morgens ist zum Beipiel Koko sehr beliebt, welcher auch Porridge heißt (das deutsche Verständnis von Porridge ist wohl wesentlich beschränkter). Hierfür wird langsam Mehl und Gewürze in kochendes Wasser eingerührt, bis ein dünner Brei entsteht. Diesen schöpfen Verkäufer*innen am Straßenrand aus großen Töpfen und fügen nach Bedarf noch Zucker und Kondensmilch hinzu. Ein weiteres beliebtes Frühstück ist süßes Weizenbrot mit Schwarztee, wobei der Tee aufgrund der Menge an Zucker und Kondensmilch als eigenständige Mahlzeit gilt.

Indomie ist nicht nur der Name des Gerichts, sondern auch der indonesischen Marke, und das Logo ziert zahlreiche Geschäfte und eingängige Werbespots.

Ganz ähnlich zu Koko wird auch TZ hergestellt; Tizet ist eigentlich eine Abkürzung für tuo zaafi in Hausa für „heiß gerührt“ und dementsprechend wird an dem Punk, wo man fertigen Koko hätte, noch jede Menge mehr Mehl hinzugefügt und unter Muskelwachstum verrührt. Das Gleiche gilt für Banku, nur dass das Maismehl hier zuvor fermentiert wird. Ich habe zudem gelernt, dass gen Süden das Tizet immer seltener ist und zunehmend von Kenkey aus ebenfalls fermentiertem Maismehl abgelöst wird.

Auch wenn die Beilage meiner Erfahrung nach im Mittelpunkt steht, gehört zu jedem Gericht auch eine Soße: Der scharfe Dip heißt Pepper, die Soße je nach Konsistenz Stew oder Soup. Geheimnisse aller Soßen sind die lange Kochzeit, Maggi und Fleisch und/ oder Fisch. Leider gestaltet es sich relativ schwierig, auf tierische Nahrungsmittel zu verzichten, als eigentlich-Vegetarierin nehme ich zumindest die offensichtlichen Stücke heraus. Auch wenn durchaus variiert wird, sind den Beilagen im Allgemeinen bestimmte Soßen zugeordnet: Dies sind unter anderem Light soup, Fresh oder Dried okro soup, Kpamnut soup und – mein persönlicher Favourit – Groundnut soup.

Rund ums Essen

Diese Hauptmahlzeiten sind natürlich lange nicht vollständig, aber bilden glaube ich ein relativ realistisches Bild der nordghanaischen Küche ab: Insgesamt sehr kalorien- und fettreich. Entsprechend lange halten die Mahlzeiten auch an – meine meisten Bekannten machen Uhrzeit und Menge des nächsten Essens daher hauptsächlich vom Hunger abhängig.

Das ist Kelewele: Kleingeschnittene Plantain werden mit scharfen Gewürzen frittiert.

Ich habe zudem gelernt, dass es möglich ist, so gut wie alles mit der (rechten!) Hand zu essen. Besteck ist zwar auch immer verfügbar, aber insbesondere bei Fufu und den Mehlspeisen ist es notwendig, ein Gefühl für den Brei zu haben. Mehr Schwierigkeiten hatte ich daher damit, dass ebendiese Mahlzeiten vor dem Schlucken möglichst nicht gekaut werden. Das war zum einen sehr ungewohnt für mich, zum anderen bin ich mir sicher, dass ich mich irgendwann an einer Fischgräte verschlucke…

Die Zutaten für alles gibt es auf den insgesamt zwei Märkten in der Innenstadt, weiter außerhalb sind dann eher einzelne Obststände oder kleine Supermärkte (ohne frische Nahrungsmittel) zu finden. Außerdem gibt es in Tamale einen Melcom, eine große Supermarktkette mit Haushaltswaren, Elektroartikeln und europäischeren Produkten. Da habe ich zum Beispiel Weizenmehl gefunden, welches sich schon für Plätzchen und Brownies, Spätzle und Zwiebelkuchen nützlich erwiesen hat. Meistens ist aber wie gesagt sowieso alles auf dem Markt zu finden, zumal die Anzahl an Grundzutaten auch relativ überschaubar ist.

Wer es sich leisten kann, findet in der Stadt zudem an jeder Ecke Früchte oder Fastfood für Zwischendurch. Das Fastfood ist meistens frittiert, sei es Brot (Bofrot), Bohnenmehl mit Gewürzen (Koose) oder Kelewele. Lecker sind auch geröstete Erdnüsse direkt aus der Tüte oder die sogenannten Chips, welche glaube ich aus frittiertem Mehl bestehen.

Im November war Papaja-Saison und wir konnten fast täglich mit einem Stock eine reife Frucht herunterholen.

Am liebsten esse ich aber die Früchte, denn wo in Deutschland bekommt man schon frische Ananas, Papaja (Pawpaw) oder Kokosnuss? Und gerade gibt es auch Avocados auf dem Markt und die erste Mangosaison des Jahres fängt an…

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Ein FSJ in Ghana Folge 9: Urlaub in Bolgatanga

Das ist einer der beeindruckenden Baobab-Bäume, die ich hier zum ersten Mal bewundern durfte. Die Früchte lassen sich übrigens pflücken, öffnen und essen.

Heute melde ich mich zum ersten Mal im Jahr 2022 bei euch und wünsche euch nachträglich noch alles Gute für das neue Jahr! Ich selbst war zwischen den Jahren unterwegs, wovon ich heute endlich mehr berichte:

Anreise

Schon seit Wochen war klar, dass ich nach Weihnachten verreisen werden – allerdings entschied ich mich allein in den 24 Stunden vor der Abfahrt am 27. Dezember drei Mal um, wohin ich denn jetzt nun wirklich fahren soll. Sehr spontan nahm ich dann einen Kleinbus (Trotro) nach Bolgatanga, um diesmal ein paar andere Freiwillige zu besuchen. Die Fahrt verlief entspannt und nach bereits drei Stunden fuhren Alex, Jannik, ich und mein Rucksack mit dem Motorrad zu Sophia, die wie ich bei einer Gastfamilie wohnt. Hinter dem Haus sind die Schule, in der auch Sophia unterrichtet, und die Kirche, in der ihr Gastvater Pastor ist – für den Gottesdienst gibt in der Kirche ein Schlagzeug und Trommeln, Keyboards, ein Bass und auch eine Gitarre, über die ich mich wirklich sehr, sehr gefreut habe…

Zu der Zeit hatte Sophia aber leider Malaria, weshalb wir uns auch bald auf den Weg in Richtung Alex‘ und Janniks Zuhause machten. Die beiden wohnen in einer Mischung aus Zweier-WG und Gastfamilie aus Gastvater und Köchin, wodurch sie zwar sehr selbstständig leben, aber eben doch auch in die Community eingebunden sind. Wir hatten einen gemütlichen Abend, an dem wir mir Akiri und Emmanuel über offenem Feuer den senegalesischen Tee Ataya zubereiteten.

Alles mögliche in Bolga

Vanille- und Schokoeis gab es im Supermarkt, Bananen auf dem Markt und der Kaffee wurde frisch gemahlen.

Den nächsten Vormittag verbrachte ich zunächst im Museum mit einer Ausstellung über Sklaverei in Nordghana und lief anschließend mit Sophia über den Markt. Ihre Malaria war auf wundersame Weise wie weg, weshalb wir zum Nachmittagessen wieder zu Jannik und Alex fuhren. Später liefen wir um einen kleinen See, der nur wenige Minuten von ihrem Haus entfernt und in der Nähe einiger kleiner Berge – oder eher große Hügel – liegt, die Sophia und ich dann auch gleich am nächsten Tag in der größten Mittagssonne erklimmten.

 

 

Sophias Gastbruder Praise versucht sein bestes, um mich ins Schlagzeug einzuweisen…

Dadurch, dass es Sophia so schnell wieder gut ging, konnte ich die restlichen Nächte anstatt im Hostel bei ihr und ihrer Gastfamilie übernachten. Hier habe ich mich sehr wohl gefühlt und nicht nur zum ersten Mal Schlagzeug und Bass „gespielt“, sondern auch dabei zugeschau, wie ein Perlhuhn getötet und gerupft wird. Außerdem zeigte uns der älteste Gastbruder Eroll zu einer Straußenzucht in der Nähe.

 

 

 

Silvester

Hier seht ihr Jannik und mich auf dem Weg nach ganz oben.

Silvester und Neujahr waren ganz besonders – sowohl auf positive als auch ein bisschen enttäuschende Weise. Mein Highlight war, als wir uns am 31. Dezember vormittags zu den Tongo Hills in der Nähe von Bolga aufgemacht haben, die für ihre heilige Schreine bekannt sind. Wir wollten jedoch hauptsächlich wandern; so stiegen wir etappenweise durch vertrocknetes Gras und über rote Felsbrocken, bis wir oben im lauen Wind eine fantastische Aussicht über die ewig weite Savanne hatten. Beim zweiten Hügel mussten wir dann auch wirklich klettern und durch Felsspalten schlüpfen, um ganz oben eine Mischung aus Stolz, Ohnmacht und Freiheit zu spüren. Anschließend belohnten wir uns mit je zwei Litern Wasser, einem ganzen Becher Eis sowie echtem Bohnenkaffe!

In der Neujahrsnacht ist es bei Christ*innen hier üblich, zur sogenannten „All Night Church“ zu gehen – entsprechend dem Namen wird dann von abends bis teilweise Sonnenaufgang gebetet, gepredigt und gefeiert. Sophia und ich gingen gegen 22.30 Uhr in die Kirche nebenan, wo ihr Gastvater schon mit dem Gottesdienst begonnen hatte. Dieser war ziemlich interessant, weil er sich sowohl von meinen üblichen katholischen Sonntagsmessen in Tamale als auch bisherigen Silvesterfeiern unterschied. Irgendwann wurde es aber auch einfach sehr spät und wir halfen draußen beim Teekochen, um nicht in der Kirche einzuschlafen. So hielten wir immerhin bis um drei Uhr durch…

In diesem Club haben wir unser Silvester nach- und in Akiris Geburtstag reingefeiert.

Da wir das neue Jahr aber doch noch einmal auf deutschere Weise feiern wollten, gingen wir am nächsten Abend zuerst in verschiedene Bars und dann in einen Club. Wieder schafften wir es nicht ganz pünktlich, um Mitternacht anzustoßen und uns gegenseitig ein „Frohes Neues“ zu wünschen, hatten aber trotzdem viel Spaß beim Tanzen.

Gleich und doch anders

Ich habe meine Tage in Bolga sehr genossen – und es war sehr interessant, das Leben anderer Freiwilligen mitzubekommen. Auch der Austausch tat mir nach fast drei Monaten in Ghana wirklich gut; durch unsere ähnlichen Erfahrungen konnten wir gut über Herausforderungen sprechen und einfach differenzierter reflektieren, als wenn ich das alleine mache.

Gleichzeitig fand ich die Unterschiede sehr spannend, die mir zwischen Bolgatanga und Tamale aufgefallen sind. Das fing schon damit an, dass das Wetter in Bolga wesentlich klarer ist als Tamale; so habe ich mir nicht nur meinen ersten Sonnenbrand geholt, sondern auch einen richtigen Sternenhimmel gesehen (der Mond hängt hier übrigens nicht schief, aber der Große Wagen steht auf dem Kopf). Sophias sowie Alex‘ und Janniks Communities sind zudem schon relativ ländlich geprägt, was beispielswese an der traditionellen, praktischen Lehmarchitektur mit angegliederter Landbewirtschaftung sichtbar wird. Neben der Häuser sind auch der Verkehr sowie der Markt wesentlich entspannter und weniger dicht gedrängt als in der Metropole Tamale. Insgesamt habe ich viel gelernt und neues Essen für mich entdeckt, weshalb ich auf jeden Fall wieder komme!

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Ein FSJ in Ghana Folge 8: Zwischen Essen und Essen

Obwohl Bolgatanga nur ein paar Kilometer weiter nördlich ist, sind die Unterschiede in Landschaft und Klima erstaunlich… Hier ein Ausblick auf die Savanne, die häufig auch schon verkohlt von kleinen Feuern ist.

Ich habe mich sehr über eure Weihnachtsgrüße gefreut und hoffe, ihr konntet eingekuschelt auf dem Sofa mit einem guten Buch und Massen an Plätzchen eine schöne Zeit verbringen. Bevor ich euch jedoch von meiner Weihnachtszeit erzähle, erst einmal noch ein kleiner Bericht zu meinem Ausflug nach Bolgatanga.

Bolgatanga

Seit meiner Ankunft in Tamale bin ich tatsächlich noch gar nicht gereist, dementsprechend aufgeregt war ich dann auch vor Beginn unseres Arbeits-Teambuilding-Ausflugs mit meiner Einsatzstelle. Dafür ist das gesamte Büro am 18. Dezember für fünf Tage nach Bolgatanga, die regionale Hauptstadt der Upper East Region, gefahren.

Meine eigene Anreise am 19. Dezember lief folgendermaßen ab: In Tamale bin ich zur Fernbushaltestelle für Bolga gegangen und habe nach dem Bezahlen noch kurz im Auto gewartet, bis alle Plätze besetzt waren. Aufgrund von Geschwindigkeitsbegrenzungen und regelmäßiger Bodenwellen ist reisen in Ghana für gewöhnlich langsamer als in Deutschland, und so haben wir für die etwa 160 Kilometer knapp vier Stunden gebraucht. Dabei habe ich dann die Gipsy Kings gehört und mich sehr nach Sommerurlaub gefühlt.

Morgens haben wir immer „trainiert“, was bei uns Laien in Sportanzügen doch schon sehr lustig war.

In Bolga selbst musste ich dann zum Hotel nur noch eines der Tricycles nehmen, die in Tamale Yellow Yellwo heißen, und kam pünktlich zum Mittagessen an. Die Unterkunft war sehr luxuriös, was laut dem anderen Praktikanten Habib gleichzeitig Wertschätzung und Ansporn für die Mitarbeitenden sein soll. Und ich muss auch zugeben, dass ich das gemischt ghanaische und internationale Essen sehr genossen habe: ich konnte Pizzaschnecken, Rosinenbrötchen und vor allem tellerweise Obst und Gemüse essen!

Die meiste Zeit haben wir dann im Konferenzraum verbracht, wo wir einerseits Rückblicke und Feedbackrunden zum vergangenen Arbeitsjahr hatten und andererseits die Programme und Finanzen für das kommende Jahr besprochen haben. Außerdem waren auch workshop-ähnliche Einheiten zu Genderkonzepten oder internen Abläufen dabei. So konnte ich insgesamt einen sehr umfangreichen Einblick in die Strukturen und Projekte von meiner Einsatzstelle bekommen – besonders interessant fand ich die Vorstellung der fast 25 Programme und als wir die Aktivitäten zum 20-jährigen Jubiläum nächstes Jahr geplant haben.

Das Hotel war sehr luxuriös mit Pool, grünem Rasen und warmer Dusche.

Obwohl wir sehr viel Zeit mit Arbeiten verbracht haben, waren auch Einheiten zum Spaß haben und besseren Kennenlernen eingeplant. So sind wir jeden Morgen um 5.30 Uhr mit einer Stunde Sport in den Tag gestartet und haben meist mit Spielen spät abends geendet (ich habe auch endlich das ghanaische Spiel Oware kennengelernt). Vor unserer Heimfahrt sind wir dann zuerst zum Crocodile Pond, auch als Paga bekannt, gefahren. Hier locken Arbeiter die im See lebenden Krokodile aus dem Wasser und Besucher*innen können dann Fotos mit ihnen aufnehmen. Einiges interessanter fand ich allerdings unseren Besuch an der Grenze zu Burkina Faso, die wir sogar kurz überqueren durften. Nach all den Erlebnissen und dem Schlafmangel war ich aber auch froh, als ich dann abends in das bekannte Tamale zurückgekommen bin.

Weihnachten

Dieses Jahr wurde mir auf jeden Fall bewusst, wie viele Traditionen es in Deutschland rund um Weihnachten gibt – und auch, wie stressig die Zeit manchmal sein kann. In Ghana wird Weihnachten hingegen erst am 25. Dezember gefeiert – auf ein paar Traditionen wollte ich aber dann doch nicht verzichten:

Am 24. Dezember habe ich Plätzchen an meine Freund*innen verteilt.

Angefangen hat alles mit dem Weihnachtspaket, das ich im November zusammengestellt und abgeschickt habe (so früh war ich noch nie mit Geschenken). Sehr gefreut habe ich mich auch über das Paket gefüllt mit Süßigkeiten und „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, das kurz darauf bei mir ankam.

Zudem konnte ich endlich den Adventskalender auspacken, den ich aus Deutschland mitgebracht habe und dann gewissenhaft jeden Tag geöffnet habe. Am 05. Dezember habe ich abends natürlich meine Schuhe geputzt und auch die Haushilfe Faustina hat ihre FlipFlops rausgestellt, weshalb wir am nächsten Morgen – Überraschung – Besuch vom Nikolaus hatten. Apropos Süßigkeiten: Da meine Gastfamilie einen Ofen besitzt, konnte ich sogar Plätzchen backen! Das hat mittelmäßig geklappt, denn den Puderzucker habe ich selbst gemahlen und im Gasofen habe ich natürlich erst einmal alles verbrennen lassen. Das konnte ich aber abkratzen und mit Schokolade überdecken, dadurch ist das nur noch kaum aufgefallen…

Am 24. Dezember habe ich mich mit meinen Freund*innen aus Tamale getroffen, die sich alle sehr über die Plätzchen gefreut haben, und mir selbst habe ich Nudeln mit Bolognese gegönnt. Nach diesem sehr schönen Tag habe ich abends ins 30 Grad kältere Deutschland telefoniert und mich gefreut zu sehen, dass zuhause alles so schön gewohnt abläuft.

Und auch meine Familie hat Geschenke bekommen; hier packt mein Gastbruder Emmanuel gerade eine Packung Haribo aus.

Das richtige ghanaische Weihnachten begann dann allerdings erst am 25. Dezember: Dafür haben wir uns alle für die Kirche schick gemacht (in der leider kaum Weihnachtslieder gesungen wurden) und sind danach zur älteren Schwester meines Gastvaters gefahren, die eine Feier mit massenhaft leckerem Essen vorbereitet hat. Am Tag darauf haben wir die Feier dann bei uns zuhause wiederholt, die Vorbereitungen von Suppe, Reisgerichten, Salat sowie Drinks und Snacks haben schon Tage zuvor begonnen. Und insofern sind die Kernelemente von Weihnachten in Deutschland und Ghana ja gar nicht so verschieden, oder (siehe Titel)?

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Ein FSJ in Ghana Folge 7: Die Einsatzstelle NORSAAC

Herzlich willkommen bei NORSAAC! Hier seht ihr mich mit passendem Tshirt vor dem Büro.

Jetzt dauert mein weltwärts-Freiwilligendienst schon zwei Monate, und ich habe noch nicht einmal wirklich von meiner Einsatzstelle berichtet. Das versuche ich heute so gut wie möglich nachzuholen und deshalb dreht sich jetzt alles um NORSAAC (mehr zu weltwärts und Einsatzstellen im Allgemeinen findet ihr im ersten Blogeintrag „Ich und mein FSJ-Projekt“).

Die Organisation

Die Nichtregierungsorganisation NORSAAC – die Buchstaben sind übrigens keine Abkürzung (mehr) – feiert kommendes Jahr ihr 20-jähriges Jubiläum und ist hauptsächlich in Nordghana, aber ebenso auf nationaler und zunehmend auch internationaler Ebene aktiv. Dabei arbeitet NORSAAC einerseits eng mit lokalen Netzwerken und Betroffenen zusammen, andererseits nimmt die Organisation auch Einfluss auf politische Entscheidungen. Die vielzähligen und vielfältigen Programme der Organisation werden meist für einen bestimmten Zeitraum von internationalen Organisationen wie ActionAid oder UNICEF (mit-) finanziert.

Bevor das Programm PtY richtig starten kann, sprechen wir mit den Repräsentanten in den beteiligten Communities. „Wir“ sind in diesem Fall NORSAAC und Jugendnetzwerke.

Thematisch ist NORSAAC in fünf Bereichen aufgestellt: (1) ökonomische Unabhängigkeit, (2) sexuelle Rechte und reproduktive Gesundheit, (3) Bildung, (4) sichere Communities und (5) sozialer Schutz. Zielgruppe sind dabei immer marginalisierte und benachteiligte Personen wie Frauen, Kinder und Jugendliche oder Menschen mit Behinderung/ Beeinträchtigung. Denn die Probleme, die sich überall auf der Welt aus existierenden globalen patriarchalen Machtstrukturen ergeben, diese Probleme gibt es auch in Ghana und äußern sich beispielsweise in Form von Jugendschwangerschaft, Heirat im Kindesalter, ungleicher Repräsentation oder sexualisierter Gewalt.

Bei NORSAAC arbeiten knapp 30 überwiegend junge und mehrheitlich weibliche Angestellte sowie zeitweise Praktikant*innen von einer der beiden Universitäten in Tamale. Dementsprechend groß ist auch das Gebäude – und derzeit wird noch ein Training Center für Fortbildungen angebaut. Allerdings sind eigentlich nie alle Angestellten im Büro, da ständig Mitarbeitende mit ihren Projekten unterwegs sind.

Meine Aufgaben

Meine direkte Chefin und gleichzeitig Ansprechperson im Büro ist Amina, die das neue Programm „Power to You(th)“ (PtY) landesweit koordiniert. Dieses Program hat im Herbst gestartet und läuft für die kommenden fünf Jahre in Ghana sowie sechs weiteren Ländern des Globalen Südens. Durch das Programm soll erreicht werden, dass (insbesondere weibliche) Jugendliche für ihre Rechte eintreten und von Entscheidungsträger*innen mehr eingebunden werden.

Ein anderes Programm sind die „Young Female Platforms“ – an diesem Tag war das erste Treffen und Rumanatu hat die Schülerinnen in das Programm eingeführt.

Thematisch fokussiert sich PtY auf die drei Bereiche sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt, ungeplante Schwangerschaften und schädliche Praktiken wie zum Beispiel unbezahlte Care-Arbeit oder die sogenannten „Kayayei“: Aus Mangel an einem passenden deutschen Wort verwende ich den englischen Begriff „Female Head Porters“ für junge Frauen, die in den Süden nach Accra ziehen, um dort Waren zu verkaufen. Häufig verdienen sie jedoch nicht so viel wie erhofft und sind gesundheitlichen und sicherheitsrelevanten Gefahren ausgesetzt.

Jedenfalls hängen meine Aufgaben größtenteils mit PtY zusammen; so durfte ich beispielsweise mithelfen, eine Radiodiskussion und SocialMedia-Inhalte im Rahmen der aktuellen „16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ vorzubereiten, einer jährlichen internationalen Kampagne der Vereinten Nationen. Außerdem war ich bei der Präsentation einer neuen Studie, die als Grundlage für das Projekt dient, sowie mehreren Besuchen bei beteiligten Communities dabei.

Hier seht ihr meine Skizze zu Teenage-Schwangerschaft und Kayayei. Der Graphikdesigner wird daraus ein richtiges Bild machen und auf einen Kleinbus drucken.

Amina ist häufig unterwegs und sehr beschäftigt, weshalb ich manchmal nicht die Möglichkeit habe, nach Arbeit zu fragen. In diesem Fall erkundige ich mich dann bei anderen Kolleg*innen nach Aufgaben, wodurch ich die Möglichkeit für einen noch breiteren Einblick bekomme. Auf diese Weise konnte ich ein Handbuch zu wichtigen Themen in männlichen Safe-Spaces schreiben oder Aktionen zum ökonomischen Empowerment von Frauen skizzieren. Und manchmal gibt es natürlich auch Arbeit für mich als Praktikantin, wie Tshirts zählen oder Anwesenheitstabellen übertragen.

Familiäre Atmosphäre

Ich glaube, aus meinem Text oben lässt sich lesen, dass ich sehr zufrieden über meine Einsatzstelle bin – ich erhalte die Möglichkeit für viele neue Einblicke und kann Aufgaben machen, die vielfältig sind und mir Spaß machen. Bei den anspruchsvollen Aufgaben bin ich gleichzeitig auch immer froh, dass ich bei Fridays for Future schon ein bisschen Erfahrung mit politischer Arbeit sammeln konnte…

Vor kurzem hatte der Direktor Geburtstag, was wir in der Mittagspause gemeinsam gefeiert haben!

Neben der Arbeit muss ich aber noch unbedingt auf die Atmosphäre im Büro eingehen: Gleich zur Einführung wurde mir gesagt, wir seien hier alle wie eine große Familie. Das äußert sich in einem sehr hilfsbereiten und respektvollen Umgang und natürlich den aufgeschlossenen und lustigen Gesprächen am Arbeitsplatz und in der Küche. So kommt es, dass ich einige der Kolleg*innen zusätzlich in meiner Freizeit treffe.

Und zum Schluss noch ein toller Ausblick: Vom 18. bis zum 22. Dezember fahren wir alle gemeinsam nach Bolgatanga, eine Stadt nahe der nördlichen Grenze mit Burkina Faso. Dort planen wir einerseits für das kommende Jahr, aber daneben ist da auch Zeit für Sightseeing und Spiele und Sport … ich freue mich auf jeden Fall schon sehr und erzähle euch später mehr davon.

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Ein FSJ in Ghana Folge 6: Gesundheit und Co

Auf dem Weg zum Krankenhaus hat Vincent mich noch untersucht – der Blutdruck war okay, mein Puls aber bei 129

Beginnend mit diesem Beitrag werde ich nach und nach verschiedene Aspekte meines Lebens in Tamale näher vorstellen. Weil ich es nach nur drei Wochen geschafft habe, mich mit Malaria zu infizieren, starte ich heute mit allem rund um Gesundheit.

Zuerst möchte ich aber darauf hinweisen, dass jeglicher Inhalt der vergangenen und insbesondere der folgenden Beiträge aus meiner Perspektive entsteht. Das bedeutet einerseits, dass meine Schilderungen nur für mich und mein Umfeld gelten und sich nicht auf ganz Ghana oder gar Afrika übertragen lassen. Und zweitens ist meine Wahrnehmung natürlich durch meine Sozialisation und Vorurteile geprägt.

Ich versuche möglichst, Bewertungen und stereotypisch geprägte Darstellungen zu vermeiden. Nichtsdestotrotz bitte ich euch, die Beiträge aufmerksam zu lesen, zu hinterfragen und zu reflektieren.

Malaria

Das wirksamste Mittel gegen Malaria ist Prophylaxe: lange Kleidung, Spray, Dämmerung meiden… Auch wenn ich nach bestem Gewissen vorgesorgt und sogar die Prophylaxe-Tabletten (mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit für relativ schwere Nebenwirkungen) genommen habe, habe ich mich aber trotzdem infiziert.

Am Mittwoch war ich zuerst ganz schlapp und appetitlos, dann habe ich noch Gliederschmerzen, Fieber und Schwindel bekommen. In einer Apotheke habe ich daher einen Schnelltest durchgeführt, der jedoch negativ war. Zuhause bin sofort ins Bett, aber Schlaf konnte ich mit über 39°C Temperatur und Schmerzen leider nicht wirklich finden.

Am nächsten Tag bin ich dann logischerweise nicht zur Arbeit, sondern am Nachmittag gemeinsam mit einem Freund ins Krankenhaus. Meine Blutprobe war nun doch positiv, glücklicherweise hatte ich aber nur wenige Parasiten im Blut. Aus diesem Grund und mithilfe der Medikamente konnte ich am Montag schon wieder ins Büro, auch mein Kontroll-Test war negativ.

Das war allein meine morgendliche Portion an Malaria-Tabletten, Vitaminen und Schmerztabletten

Das Tamale Teaching Hospital funktioniert übrigens so, dass man bei der Anmeldung eine Karte ausgestellt bekommt, auf der alle Leistungen registriert und im Vorhinein an Schaltern bezahlt werden. Die Kosten für meine Behandlung werden übrigens am Ende über die Krankenversicherung von weltwärts abgerechnet. Mit der Karte konnte ich außerdem meine Tabletten direkt auf dem Krankenhausgelände kaufen.

Bei mir verlief Malaria recht unkompliziert – allerdings habe ich das mal als Anlass genommen, mich ein bisschen über die häufigste Infektionskrankheit der Welt zu informieren. Erst im Oktober diesen Jahres wurde ein erster Impfstoff gegen Malaria empfohlen. Insgesamt haben sich allein 2019 laut WHO etwa 230 Millionen Menschen infiziert, davon starben über 400.000.

Covid-19

Corona ist natürlich ein großes Thema, zu dem ich viele Fragen gestellt bekomme. Stand heute (16. November 2021) sind in Ghana laut WHO insgesamt gut 130.000 Fälle registriert worden und 1.200 Menschen im Zusammenhang mit dem Virus gestorben. Etwa 830.000 Menschen verfügen bisher über den vollen Impfschutz, das macht rund 2,7% der gesamten Bevölkerung aus.
Diese Zahlen kann und möchte ich allerdings gar nicht einordnen. Stattdessen erzähle ich lieber, wie ich die Situation wahrnehme: Zu Beginn der Pandemie war hier ein Lockdown, meine Gastschwester Vanessa war beispielsweise zehn Monate im Homeschooling. Inzwischen sind die viele Maßnahmen zwar gefallen, aber in öffentlichen Gebäuden wie der Kirche, Schulen oder Supermärkten werden noch Masken getragen – die meisten Aktivitäten finden allerdings sowieseo draußen oder in gut durchlüfteten Räumen statt. Masken werden auch überall verkauft, Tests sind kostenlos verfügbar. Sowohl meine Gasteltern, als auch alle Kolleg*innen, mit denen ich bisher über Covid-19 gesprochen habe, haben den vollen Impfschutz.

Alles andere

Zur Nahrungsumstellung kann ich nur sagen: bisher hatte ich keinerlei Probleme mit der Verdauung. Sowohl meine importierte Wärmeflasche als auch der Pfefferminztee waren zum Glück noch nicht in Verwendung.

Auch mit der klimatischen Umstellung komme ich gut zurecht und wurde erst einmal ein bisschen rot. Um mich vor der starken Sonneneinstrahlung zu schützen trage ich lange Kleidung und creme mich täglich mit Sonnencreme 50+ ein. Auch wenn Sonne und Hitze manchmal anstrengend sind, bin ich sehr glücklich über diesen nachgeholten Sommer.

Besonders zum Ende der Regenzeit im Oktober war es noch sehr warm. Nachts wusste ich deshalb manchmal nicht, ob es einfach heiß ist oder mein Arm gerade einschläft. Die naheliegende Lösung dafür ist natürlich der Deckenventilator, der sich in den meisten Räumen ständig dreht. Allerdings sind Schweiß und Wind wirklich eine gute Kombi für Erkältungen…

Stay hydrated

Und schließlich noch ein sogenanntes Water-Sachet

Aufgrund des Klimas ist es extrem wichtig, ausreichend zu trinken; mein täglicher Wasserbedarf liegt bei drei bis vier Litern. Meistens trinke ich aus sogenannten Sachets, quadratischen Plastikbeuteln mit einem halben Liter Inhalt, die preiswerter und praktischer als die ebenfalls erhältlichen Wasserflaschen sind.

Das Verwenden der Sachets braucht allerdings ein wenig Übung, zumindest ich habe es nicht auf Anhieb hinbekommen (Wasserflecken trocknen hier immerhin schnell). Um zu trinken hält man den Beutel an einer Ecke und beißt vorsichtig ein Loch hinein, ohne dabei auf den Beutel zu drücken. Anfangs habe ich dann immer den gesamten halben Liter auf einmal getrunken, inzwischen habe ich aber gelernt, dass ich den Beutel auch einfach mit der Öffnung nach oben hinstellen kann.

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