Ein FSJ in Ghana Folge 16: Klima und Natur

Ein FSJ in Ghana Folge 16: Klima und Natur

Während der Harmattan-Saison sind alle Straßen trocken und staubig – hier eine Demonstration.

Heute wurde unser Air Conditioner im Büro repariert. Anstatt jedoch unseren wiedergewonnenen Komfort zu genießen, haben wir die Kühlung gleich wieder ausgeschaltet – es war bereits zu kalt. Das liegt am Regen, der nachts gefallen ist, und an den Wolken, die seitdem den Himmel bedecken.

Noch vor wenigen Wochen wäre das unvorstellbar gewesen. In diesem Beitrag möchte ich deshalb ein bisschen darauf eingehen, welchen Einfluss das Smalltalk-Thema Wetter, oder vielmehr Klima, hier auf Natur, Landschaft und Gesellschaft hat.

Regen- und Trockenzeit

An diese Einführung muss ich ehrlicherweise anschließen, dass es aktuell 33°C hat. In Deutschland wäre ich bei solchen Temperaturen in Gedanken wohl schon beim nächsten Eisladen, wenn nicht schon komplett im Urlaub. Für Tamale sind Werte zwischen 35°C und 40°C allerdings mehr als normal.

Bei meiner Ankunft im Oktober war ich überrascht, wie schnell ich mich an dieses tropische Klima umgewöhnen konnte. Inzwischen bin ich lediglich überrascht, wenn ich abends aus dem Haus trete und die Luft nicht kälter, sondern wärmer als drinnen ist. Abgesehen davon arbeite ich jedoch trotz der Temperaturen normale acht Stunden, mache Sport und esse erstaunlich schweres Essen.

Blick aus dem Auto auf dem Weg nach Bolga, Dezember 2021

Innerhalb dieses unaufgeregten Umgangs mit Hitze allgemein gibt es aber große Unterschiede zwischen dry und rainy season. Bisher habe ich hauptsächlich die trockene Harmattan-Saison mitbekommen – für Tamale bedeutet das knapp fünf Monate ohne Regen. In Zusammenhang mit den Sahara-Winden habe ich das Wort „Catarrh“ kennengelernt, was zu meiner Überraschung Englisch ist und „Erkältung“ bedeutet. Mit der Trockenheit kam allerdings nicht nur Husten, sondern auch Staub. Die meisten Pflanzen verloren ihre Blätter oder wurden abgebrannt. Der Harmattan zeichnete sich insbesondere durch kalte Nächte und dementsprechend kalte Morgenduschen aus. Tagsüber hingegen stach die Sonne vom wolkenlosen Himmel, aber dank der niedrigen Luftfeuchtigkeit schwitzte ich kaum.

Im März änderte sich das Klima dann schlagartig: Im heißesten Monat rollten Schweißtropfen meine Beine hinab, selbst wenn ich mich nicht bewegte. Am Tag fünf Liter Wasser zu trinken ist deshalb generell kein Problem. Zu dieser Zeit begannen dann auch die ersten Regenfälle: Regen kündigte sich durch drückende Hitze an, die sich abends zu Gewitterwolken staute und dann nachts in heftigen Regenschauern entlud.

Inzwischen zähle ich nicht mehr mit, wie oft es schon geregnet hat (etwa zehn Mal). Generell wurden die Regenfälle regelmäßiger, länger und weniger extrem. Für mich fühlt es sich jedoch jedes Mal so an, als würde der Regen das Leben irgendwie verlangsamen. Ich glaube, das liegt daran, dass bei Regen alle im Haus bleiben, weil viele Straßen durch den Sturzregen zu gefährlich werden. Jedenfalls sind die Straßen dann leer, es ist ganz ruhig und Termine werden nach hinten verschoben. Wenn die letzten Tropfen fallen, beginnt das Leben dann langsam wie neu.

Letztens habe ich gehört, Regentropfen seien die Tränen Gottes. Daraus spricht meiner Ansicht nach die Abhängigkeit vom Regen: Im Norden sind fast alle Haushalte landwirtschaftlich tätig. Somit verspricht Regen nicht nur eine willkommene Abkühlung, sondern vor allem eine gute Erntesaison.

Blick aus dem Auto auf dem Weg nach Bolga, April 2022.

Während der Trockenzeit malte ich mir häufig aus, wie Tamale quasi über Nacht grün werden würde. Ich erwartete, dass die verbrannten Grasflächen plötzlich Wiesen wären und der Wald wieder so verwachsen und undurchdringlich wie bei meiner Ankunft würde. Naja, so schnell ging es dann natürlich nicht. Trotzdem hinterlässt der Regen bereits seine Spuren: Pflanzen sprießen an allen unerwarteten Stellen, sodass ich viele Wege kaum noch wiedererkenne, und beim Blick in den Wald kann ich inzwischen nicht mehr die andere Seite sehen.

Norden und Süden

Diese Beobachtungen und Erfahrungen lassen sich alledings nur auf Tamale beziehen. 160 Kilometer weiter nördlich in Bolgatanga ist das Klima noch extremer: Während die Temperaturen in Tamale nicht unter 20°C fallen, brachte der Harmattan in Bolga nachts schon mal unter 15°C – und am Tag über 40°C. Halb im Spaß wird das häufig damit begründet, dass Bolga weiter oben und damit näher an der Sonne ist.

Mitten in der Palmöl-Plantage im Süden entdeckten Signy und ich eine kleine Ananas!

Wahr ist aber auch, dass es in Richtung Süden (also in Richtung Ozean) immer feuchter wird. Sowohl Qualität, als auch Quantität der Regenzeiten unterscheiden sich nämlich: Während es im Norden nur eine einzige Regenzeit hat, regnet es im Süden in zwei Regenzeiten und selbst gelegentlich während der Tockenzeiten um bis zu 50% mehr.

Einige unsichtbare Trennlinie durchläuft das Land beinahe mittig: Sie teilt die natürliche Vegetation in Savanne im Norden und Wald (teilweise sogar immergrünen Regenwald) im Süden. Durch die zweite Regensaison gibt es im Süden eine zweite Erntesaison. Beinahe ganzjährig wachsen hier dann Plantain (Kochbananen), Kokosnüsse und Kakaobäume, sowie alle weiteren erdenklichen Tropenfrüchte. Diese werden dann in LKWs nordwärts transportiert, für den Rückweg werden die Trucks mit Zwiebeln, Yam und Erdnüssen beladen.

Diese Zweiteilung beeinflusst natürlich auch die Ernährung im Land, wie ein einfaches Beispiel zeigt: Das aus meiner Sicht häufig fälschlicherweise als „Nationalgericht“ bezeichnete Fufu wird im Süden aus Cassava und manchmal Plantain gestampft, während im Norden ausschließlich Yam verwendet wird.

Ich habe daher die These, dass noch mehr der zahlreichen kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Norden und Süden im Zusammenhang mit diesen Klimaunterschieden stehen.

Meine Partner:    weltwärts      bezev e.V.     Norsaac

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