
Wer sich auf ein Vorstellungsgespräch vorbereitet, weiß meist nicht, was im Job-Interview passieren wird. Neben den fachlichen Hürden warten auch rechtliche Tücken. Dr. Uwe Schlegel, Rechtsanwalt und Dozent für Zivil-, Wirtschafts- und Arbeitsrecht aus Köln, verrät, was sich Arbeitgeber und Bewerber erlauben dürfen.
Darf der Arbeitgeber alles über mich wissen und muss ich immer korrekt antworten? „Die Grundaussage ist: Der Arbeitgeber darf jede Frage stellen, an deren Beantwortung er ein sachlich begründetes Interesse hat“, erklärt Schlegel.
Unproblematisch für den Arbeitgeber sind daher Fragen nach der beruflichen Qualifikation des Arbeitnehmers, nach dem Führerschein oder der körperlichen Eignung. Wichtig ist allein das betriebliche Interesse hieran.„Grundsätzlich nicht erlaubt sind dagegen die Fragen nach der Schwangerschaft, der
politischen oder sexuellen Ausrichtung des Bewerbers und dem religiösen Bekenntnis“, sagt Schlegel.
„Es gibt jedoch im Einzelfall Ausnahmen.“ So kann bei der Einstellung in eine konfessionelle Einrichtung die Frage nach dem Bekenntnis doch erlaubt sein. Gleiches gilt für Fragen, die im Mittelfeld liegen. Dazu gehören insbesondere die Fragen nach Vorstrafen oder einer Behinderung. Diese sind im Einzelfall jedenfalls dann zulässig, wenn sie präzisiert sind und sich konkret auf die ausgeschriebene Tätigkeit beziehen.
„Vom Fragerecht des Arbeitgebers getrennt zu betrachten ist, ob es eine Offenbarungspflicht des Bewerbers gibt“, weiß der Experte.
Diese Frage stellte sich auch Diana. Sie wurde bei ihrem Bewerbungsgespräch gleich zu Beginn vom
Arbeitgeber gefragt, ob sie in nächster Zeit plane, Kinder zu bekommen und eine Familie zu gründen. Zwar verneinte sie dies, wusste aber nicht, ob sie das auch durfte, da sie eigentlich plant, früher oder später schwanger zu werden.
„Das ‚Recht zur Lüge‘ gibt es immer dann, wenn der potentielle Arbeitgeber eine Frage stellt, die rechtlich nicht zulässig ist.“
Beantwortet ein Bewerber aber eine zulässige Frage wissentlich falsch und stellt sich dies erst später heraus, droht ihm eine Anfechtung des Arbeitsverhältnisses wegen arglistiger Täuschung, mit der nicht zu spaßen ist. „Dies kann dann eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach sich ziehen“, sagt Schlegel.
Gut zu wissen ist auch, dass der Arbeitgeber den Bewerber nicht mit übertriebenen Versprechungen aus einer bestehenden Position heraus locken darf:
„Wer einem Bewerber anbietet, das bestehende Gehalt zu verdoppeln, ihm eine Anstellung auf Lebenszeit zu geben und dieser später feststellt, dass dies leere Versprechen waren, macht sich unter Umständen schadensersatzpflichtig“, weiß der Anwalt.
Wer sich in einer anderen Stadt oder in einem anderen Bundesland bewirbt, hat oft eine lange Anreise zum Ort des Bewerbungsgesprächs. „Die Reisekosten hat der Arbeitgeber grundsätzlich zu erstatten“, erklärt Schlegel. „Es sei denn, er hat vorher darauf hingewiesen, dass derartige Kosten nicht erstattet werden.“
So sind Fahrtkosten für eine Strecke von Hamburg nach München ebenso zurückzuzahlen, wie Kosten, die für eine Strecke innerhalb einer einzigen Stadt anfallen. „Die Höhe der erstattungsfähigen Reisekosten sind allerdings rechtlich ebenfalls immer eine Frage des Einzelfalls“, so Schlegel. „Ob auch Flüge oder Taxikosten vom Arbeitgeber zu bezahlen sind, kann nicht allgemein bejaht oder verneint werden.“ In allen Fällen gilt aber: es lohnt sich, zu prüfen und beim Arbeitgeber nachzuhaken.