Woran scheitern Studienabbrecher?

Woran scheitern Studienabbrecher?

„Kind, Du sollst es einmal besser haben als wir“ – wer hat das noch nicht gehört? Ergebnis: Seit vielen Jahren steigt der Anteil der Schüler, die die allgemeine Hochschulreife, also das Abitur, anstreben und erwerben. Ist das Abi endlich geschafft – nicht selten in einem jahrelangen Martyrium, unter Blut, Schweiß und Tränen, mit Förderkursen, Nachhilfestunden und der einen oder anderen „Ehrenrunde“, soll sich der Einsatz natürlich auch gelohnt haben. Also: Ab ins Studium. Jedes Jahr zieht es also mehr Schulabgänger an die Universitäten und Hochschulen des Landes. Und jedes Jahr steigen die Abbrecherquoten, die Zahl derer, die ihr Studium nicht beenden. Woran liegt das und was lässt sich dagegen tun?

Das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) hat bundesweit 6.029 Exmatrikulierte an insgesamt 32 Universitäten und 28 Fachhochschulen befragt. Die wichtigsten Ergebnisse:

„Ich schaffe das nicht (mehr)“

Am häufigsten scheitern Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher an den hohen Anforderungen ihres Studiums bzw. an den fehlenden fachlichen Voraussetzungen. Bei 30% aller Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher geben unbewältigte Leistungsanforderungen im Studium den Ausschlag für den Studienabbruch. In dieser Hinsicht gibt es keine Veränderungen zu den Exmatrikulierten des Jahrgangs 2008.

„Warum studiere ich (das) eigentlich?“

Ein zweiter wichtiger Abbruchgrund ist die mangelnde Studienmotivation. 17% aller Studienabbrecher bezeichnen diesen Aspekt als entscheidend. Die Exmatrikulierten identifizieren sich nicht mit ihrem Studienfach und den daraus ergebenden beruflichen Möglichkeiten. Auch hier lassen sich gegenüber 2008 keine wesentlichen Veränderungen feststellen.

„Das ist mir alles zu theoretisch“

Für 15% aller Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher ist die Orientierung auf eine praktische Tätigkeit dafür ausschlaggebend, dass sie ihr Studium beenden. Sie hegen den Wunsch nach einer praktischen Tätigkeit, vermissen Praxis- und Berufsbezüge im Studium und wollen schnellst möglich Geld verdienen.

Seit 2008 ist der entsprechende Anteil dieser Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher um vier Prozentpunkte angestiegen. Dabei ist der zu verzeichnende Bedeutungsgewinn insbesondere auf den vermehrten Wunsch nach praktischer Tätigkeit zurückzuführen, dementsprechend groß ist auch das Interesse an einer Berufsausbildung. Die Zunahme dieses Abbruchgrundes lässt, angesichts gestiegener Studienanfängerzahlen und unverminderter Studienabbruchquoten, vermuten, dass sich auch die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger mit geringer Affinität zu einer akademischen Ausbildung erhöht hat. Die drei genannten Motivlagen führten bei 61% der Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher zur Exmatrikulation.

Weitere 11% sind letztlich an der Finanzierung ihres Studiums gescheitert. Damit haben Gründe wie finanzielle Engpässe oder schwierige Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Studium gegenüber 2008 deutlich an Bedeutung verloren. Es ist zu vermuten, dass dieser Rückgang auf den im Vergleich zu den herkömmlichen Studienformen früheren Abbruchzeitpunkt im Bachelorstudium zurückzuführen ist, da finanzielle Schwierigkeiten häufig erst im späteren Studienverlauf zum abbruchrelevanten Problem werden.

Etwa ein Zehntel der Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher gibt an, aufgrund von persönlichen Gründen (vor allem Krankheit) das Studium nicht erfolgreich abgeschlossen zu haben. Im Vergleich mit 2008 hat sich der Anteil an Studienabbrecherinnen und Studienabbrechern, die allein wegen Krankheit ihr Studium vorzeitig beendet haben, verdoppelt. Von relativ geringer Bedeutung für den Studienabbruch sind Motive, die sich auf berufliche Alternativen, die Studienbedingungen, die familiäre Situation sowie die Studienorganisation beziehen mit jeweils maximal 6%.

Wann wird das Studium abgebrochen?

Die Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher haben ihr Studium im Durchschnitt nach 4,7 Fachsemestern abgebrochen. Gegenüber dem Jahr 2008 ist die durchschnittliche Fachstudiendauer bis zur Exmatrikulation um 1,6 Semester gesunken. Diese Verringerung der Studiendauer bis zum Studienabbruch ist auf die Umstrukturierung im Rahmen des Bologna-Prozesses zurückzuführen.

Im Bachelorstudium selbst fällt die Studiendauer noch kürzer aus als im allgemeinen Durchschnitt. Die Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher aus Bachelorstudiengängen sind durchschnittlich 3,8 Fachsemester immatrikuliert gewesen. 47% von ihnen haben die Hochschule schon im ersten oder zweiten Fachsemester verlassen, weitere 29% haben drei bis vier Semester studiert und lediglich 13% der Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher sind länger als sechs Semester im Studium geblieben. Im Vergleich mit den Exmatrikulierten 2008 hat sich allerdings die durchschnittliche Fachstudiendauer bis zur Studienaufgabe im Bachelorstudium um mehr als ein Semester nach hinten verschoben. Der dennoch im Verhältnis zu anderen Studienformen frühe Studienabbruch ist auf die modularisierte Lehre und den veränderten Studienrhythmus zurückzuführen. Leistungsanforderungen werden nicht nur frühzeitig im Studium gestellt, ein permanentes Verschieben in spätere Studienphasen ist auch deutlich erschwert. In nicht wenigen Bachelorstudiengängen hat sich anhaltend die Situation einer Anforderungsverdichtung zu Studienbeginn ergeben.

Gute Schulnoten helfen beim Studium

Schulische Leistungsindikatoren, allen voran die Durchschnittsnote bei Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung, aber auch bestimmte Fachnoten erlauben berechtigte Annahmen zur Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Studienabschluss. Über alle hier betrachteten Abschluss- und Hochschularten sowie über alle Fächergruppen hinweg weisen Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher im Durchschnitt schlechtere Gesamtnoten beim Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung als Absolventinnen und Absolventen auf. Dies gilt in gleicher Weise für die schulischen Abschlussnoten in Mathematik, Deutsch und Englisch. Insbesondere der Mathematiknote kommt dabei eine besondere Bedeutung als Indikator für Studienerfolgschancen zu, die auch über die Grenzen der Fächergruppen hinausgeht, in denen Mathematik eine wichtige Rolle spielt.

Gehalt und Karriere sind nicht alles

Ein gelingendes Studium bedarf einer starken und sich im Studienverlauf erneuernden Fachidentifikation. Eine Studienfachwahl, die sich in erster Linie am Arbeitsmarkt sowie an dem Streben nach guten Verdienst- und Karrieremöglichkeiten (wie dies bei Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher häufig der Fall ist) orientiert, ist für das erfolgreiche Erreichen eines Studienabschlusses offensichtlich häufig nicht ausreichend. Diese Orientierungen tragen vor allem dann zu einem Abbau von Studienmotivation bei, wenn sich die Erwartungen an das Studienfach nicht einlösen oder sich im Laufe des Studiums Schwierigkeiten mit den Leistungsanforderungen ergeben. Dagegen fördert ein hohes Fachinteresse oder auch ein fester Berufswunsch die Bereitschaft, sich solchen Herausforderungen zu stellen.

Wer im gewünschten Fach studieren kann, studiert erfolgreicher. So waren Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher mit 56% deutlich seltener in ihrem ursprünglich gewünschten Fach eingeschrieben als Absolventinnen und Absolventen mit 76%. Damit verfügt ein erheblicher Teil der Studienanfängerinnen und Studienanfänger über keine feste Identifikation mit seinem Studienfach. Für die betreffenden Studierenden ist bei auftretenden Studienproblemen die Schwelle, das Studium vorzeitig zu beenden, vergleichsweise gering.

Der Numerus Clausus sortiert vor

Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher haben häufiger in zulassungsfreien Studiengängen studiert als Absolventinnen und Absolventen. Das liegt u.a. auch daran, dass Absolventen aufgrund ihrer besseren schulischen Voraussetzungen die Zulassungsbedingungen eher erfüllen konnten. Diese Selektion führt dazu, dass sich durch den Numerus clausus die Studienerfolgsquote in den betreffenden Studienfächern erhöht. Die Studienaufnahme von Absolventinnen und Absolventen war, neben dem Erfüllen eines Numerus clausus, zudem häufiger mit weiteren Zugangsbedingungen wie Motivationsschreiben, Fremdsprachennachweis, Aufnahmegespräch oder Aufnahmeprüfung verbunden. Es ist davon auszugehen, dass gerade solche Zulassungsbedingungen dazu beitragen, dass Studienbewerberinnen und Studienbewerber sich intensiver mit Studieninhalten und -anforderungen auseinandersetzen.

Über die Studie:

Das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) die bundesweite Studie zum Studienabbruch an deutschen Hochschulen durchgeführt. Neben der Bestimmung des Umfangs des Studienabbruchs anhand von Studienabbruchquoten steht dabei vor allem die Erkundung von Motiven und Ursachen des Studienabbruchs im Mittelpunkt. Die Studie umfasst mehrere Untersuchungsmodule, wobei der vorliegende Bericht vor allem die Befunde einer bundesweiten Befragung der Exmatrikulierten vom Sommersemester 2014 enthält. Daneben werden ebenfalls die Ergebnisse der Berechnung von Studienabbruchquoten auf der Basis des Absolventenjahrgangs 2014 sowie die zentralen Befunde der Befragung von Beratungsinstanzen für Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher dargestellt. In die Befragung der Exmatrikulierten des Sommersemesters 2014 sind auf Basis einer bundesweit repräsentativen Klumpenstichprobe insgesamt 32 Universitäten und 28 Fachhochschulen einbezogen. In die Auswertung gehen die Aussagen von 6.029 Exmatrikulierten ein.

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