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Ein FSJ in Ghana Folge 5: Mein neuer Alltag

Mein erster Blick jeden Morgen fällt auf die Palme und die jungen Papaja-Pflanzen im Hof.

Der Titel mag ein wenig täuschen, einen richtigen Alltag habe ich nämlich noch nicht. Bisher sieht jeder Tag neu und anders aus, natürlich habe ich mich nach erst zweieinhalb Wochen nicht komplett eingerichtet. So bin ich noch auf der Suche nach einer regelmäßigen Freizeitbeschäftigung, und die zwei Wachhunde würden mich (noch!) angreifen und auffressen, wenn ich abends selbstständig rausgehen würde.

Trotzdem versuche ich mal, euch meinen Tagesablauf grob vorzustellen:

Morgen und Vormittag

5:30 Uhr: Mein Wecker klingelt. Das mag jetzt sehr früh erscheinen, und ja, das ist es auch. Allerdings geht die Sonne auch schon vor sechs Uhr auf und die Zeitverschiebung wirkt sich zu meinen Gunsten aus: anfangs zwei Stunden, inzwischen nur noch eine Stunde Unterschied sind es zur Mitteleuropäischen Zeit. Daher war das frühe Aufstehen keine allzu große Umstellung… Meine Gastfamilie steht übrigens schon um 5.00 Uhr auf.

5:30 Uhr – 6:30 Uhr: Als allererstes frühstücke ich – neben Schwarztee und manchmal ein bisschen Brot, welches mit Hefezopf vergleichbar ist, esse ich Porridge. Ehrlich gesagt hatte ich vor Beginn meines Freiwilligendienstes zwei Ängste: Erstens, alleine im Projekt und als einzige Freiwillige in Tamale keinen Anschluss zu finden. Und zweitens, ein ganzes Jahr keine Haferflocken essen zu können. So konnte mir gleich zu Beginn eine der Befürchtungen genommen werden!

Nach dem Frühstück wasche ich kurz ab, putze meine Zähne, nehme eine Malariaprophylaxe und dusche. Danach ziehe ich mich an, wobei ich darauf achte, meine Schultern und Knie möglichst zu bedecken. Alle Stellen, die trotzdem noch offen sind, creme ich erstens mit Sonnencreme 50+ ein und sprühe zweitens Autan darauf.

Mein Zimmer

Meistens bin ich vor meiner Gastfamilie fertig. Die Zeit nutze ich entweder, um ein paar Nachrichten zu beantworten, oder, um Nachrichten zu schauen. Zu dieser Zeit kommen auf BBC und dem ghanaischen Pendant immer die Business-News; inzwischen bin ich daher Expertin in Ölpreisentwicklungen und großen Techkonzernen.

6;45 Uhr – 7:30 Uhr: Gegen sieben Uhr verlasse ich dann mit meiner Gastmama und -schwester das Haus. Die beiden gehen in der Stadt zur Schule, einmal als Lehrerin und einmal als Schülerin, und nehmen mich auf dem Weg dahin im Auto mit.

Vom Stadtzentrum aus beginnt der zweite Teil meines Arbeitsweges, für den ich ein sogenanntes Yellow Yellow nehme. Das ist hier quasi der öffentliche Personentransport, für den ich lediglich meine Richtung angeben muss. Problematisch ist dabei lediglich, dass ich den Namen nicht richtig aussprechen kann…

Je nach Wetter und Uhrzeit fahre ich dann entweder direkt bis zum Büro, oder aber ich steige früher aus, um die letzten 15 Minuten zu laufen. Insgesamt dauert mein Arbeitsweg etwa eine Stunde.

Hier esse ich ein zweites Frühstück mit Sanae und Abdul-Karim, die ebenfalls ein Praktikum bei NORSAAC machen.

8:00 Uhr – Mittag: Wenn ich ins Büro komme, hole ich mir erst einmal ein Wasserbeutel und schalte den Ventilator an. Da ich meistens schon vor dem offiziellen Arbeitsbeginn um 8.00 Uhr ankomme, lese ich die verbleibende Zeit Nachrichten.

Nachmittag und Abend

13:30 Uhr – 14:30 Uhr: Gemeinsam essen wir dann Mittag – einige kaufen vorher noch ein, andere bringen ihr Essen so wie ich von Zuhause mit. Aber da das Frühstück ja dann auch schon acht Stunden her ist, habe ich meist ordentlich Hunger… Danach geht es bis 17.00 Uhr zurück an die Arbeit.

17:00 Uhr – 18:00 Uhr: Für meinen Weg zurück nehme ich wieder die gleiche Strecke; die erste Hälfte nimmt mich manchmal ein*e Kolleg*in auf dem Motorrad mit, für den Rest nehme ich einfach ein Yellow Yellow.

18:00 Uhr – 21:30 Uhr: Wenn ich heimkomme, ist es meist schon dunkel – das ist durchaus ein bisschen gewöhnungsbedürftig… Jedenfalls komme ich manchmal noch rechtzeitig, um beim Kochen zu helfen. Ansonsten setzen wir uns ins Wohnzimmer, unterhalten uns und schauen dabei indische Dramasoaps.

Abends schauen wir dann gemeinsam Fernsehen, diesmal ohne Soap aber mit Papaja.

Da ich diese noch nicht ganz lieben gelernt habe, verabschiede ich mich aber meist schon relativ früh in mein Zimmer. Da kann ich mich dann mit all den Dingen beschäftigen, für die ich die letzten Jahre leider kaum Zeit gefunden habe: Lesen, Schreiben, Zeichnen etc. Häufig telefoniere ich aber auch einfach nur. Letztendlich mache ich dann noch ein bisschen Sport und gehe duschen (ja, ein zweites Mal).

Mein Tag endet dann damit, dass ich in meinen Hüttenschlafsack schlüpfe und ziemlich müde einschlafe. Häufig wache ich gegen Mitternacht noch einmal auf, weil meine Moskitostiche jucken. Da bin ich dann durchaus froh für meinen sogenannten „Mückenerhitzstift“.

Wochenende

Am Wochenende kann ich richtig ausschlafen, bis um sieben Uhr! Vormittags bin ich dann beschäftigt: Am Samstag ist Wochenputz, das heißt, ich fege und wische mein ZImmer sowie Dusche und Bad. Danach „imprägniere“ ich mein ZImmer gegen Moskitos und mache meine Wäsche. Am Sonntag gehe ich gemeinsam mit meiner Gastfamilie in die Kirche.

Den Nachmittag habe ich dann Zeit, um Freund*innen zu treffen oder in die Stadt zu gehen. Bisher war ich beispielsweise im Schwimmbad, bei einer Hochzeit oder einfach so unterwegs.

Ich hoffe, ich konnte ein paar eurer Fragen beantworten. Falls das nicht der Fall sein sollte und euch vielmehr noch neue Fragen gekommen sind, ist das auch gar nicht schlimm. Die nächsten Folgen werde ich nämlich hauptsächlich dazu verwenden, ein paar Aspekte meines Lebens hier näher vorzustellen. Bis dann!

Meine Partner:

weltwärts      bezev e.V.     Norsaac

 

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Ein FSJ in Ghana Folge 4: Abfahrt und Ankunft

Signy und ich samt Gepäck in Frankfurt…

Hallo zusammen!

Bisher war mein Motto ja vor allem: ich komme erst einmal an. Und jetzt sitze ich auf meinem neuen Bett, frisch geduscht und gerade gegessen, und schreibe euch. Aber lieber von Anfang an…

Abschied

Die letzte Woche war sehr voll, zwischen Packen und Abschied nehmen hatte ich leider nicht wirklich viel Raum für mich selbst. In diesen wenigen Momenten habe ich glaube ich aber zum ersten Mal realisiert, dass ich weggehen werde, wodurch ich zwiespältige Gefühle hatte: einerseits natürlich ein Stück weit Traurigkeit und Melancholie – für eine lange Zeit das letzte Mal Porridge essen, das letzte Mal in meinem Zimmer schlafen, das letzte Mal meine Freund*innen und Familie sehen – und gleichzeitig eine Riesen Vorfreude auf alles was kommt. Darüber hinaus bin ich euch allen sehr dankbar für eure Besuche, netten Worte und Gedanken.

Das geordnete Chaos, bevor ich meinen Koffer eingerichtet habe

Am 11. Oktober, also am Tag meiner Abreise, hatte ich aber gar nicht wirklich Zeit für Emotionen. Den Vormittag über habe ich nämlich noch fertig gepackt und eingeräumt.

Über die vergangenen Wochen hat sich nach und nach ganz schön viel angesammelt – Gastgeschenke, neue Schuhe, passende Kleidung und so weiter. Das lag bisher vor allem in meinem Zimmer verstreut, deshalb tat es richtig gut, über das Wochenende endlich etwas Ordnung reinzubekommen.

Gegen Ende musste ich mich dann vor allem noch um verschiedene Dokumente kümmern. Erstens brauchte ich für den Flug einen negativen PCR-Test sowie einen Zahlungsbescheid für einen Schnelltest bei der Einreise. Zweitens habe ich noch ganz viele Dokumente ausgedruckt, die ich für meine Permits in Ghana brauche. Und letztendlich habe ich darüber ganz mein Flugticket vergessen, das ich dann am Sonntag Abend noch schnell drucken musste…

Letztendlich hatte ich dann doch alles zusammen (hoffentlich), sodass ich am Montag mit meinen zwei Gepäckstücken Tetris spielen konnte. Sowohl in meinem Reiserucksack, als auch im Koffer hatte ich wider Erwarten noch Gewicht und sogar Platz übrig. Ich sah zwei Optionen: entweder einen kleineren Koffer, oder die restlichen Kapazitäten mit Schokolade ausfüllen. Leider habe ich mich für keine von beiden Möglichkeiten entschieden.

Nachdem mein Gepäck fertig war, sind meine Eltern und ich dann gegen 13.00 Uhr nach Frankfurt am Main losgefahren, auf dem Weg haben wir noch meine Schwester abgeholt. Am Flughafen selbst haben wir dann meine Mitfreiwillige Signy getroffen, sodass wir die Gepäckaufgabe und den CheckIn zusammen machen konnten. Darüber bin ich auch ganz froh, weil allein wäre ich an diesem riesengroßen Flughafen wirklich überfordert gewesen.

Flug

… und dann im Flugzeug vor dem Start.

Ab jetzt verzichte ich mal auf irgendwelche sicheren Zeitangaben, weil wir zwischendurch mit den unterschiedlichen Ortszeiten ziemlich durcheinanderkamen. Ich weiß allerdings, dass wir insgesamt zehn Stunden Flug hatten, davon drei nach Istanbul und sieben weitere nach Accra. Im Transit in Istanbul haben Signy und ich planmäßig außerdem drei weitere Freiwillige (Shirley, Hannah und Thirza) von bezev getroffen, sodass wir zusammen einreisen konnten.

Da ich davor erst einmal geflogen bin, war der Flug natürlich das erste Abenteuer (insbesondere das umgekehrte Achterbahn-Gefühl beim Starten). Nach dem Abflug gegen 19.00 Uhr habe ich allerdings gar nicht mehr so viel mitbekommen, weil ich sofort eingeschlafen bin und nicht einmal zum Essen aufgewacht bin.

Später durften wir Istanbul bei Nacht erleben, die beleuchteten Hochhäuser haben sich aus dem Bodennebel erhoben – das war wirklich wunderschön!

Im Transit haben wir uns zunächst um die wichtigsten Dinge beim Reisen gekümmert: Toilette, Trinken und WiFi. Über Shirley sind wir quasi per Zufall gestolpert, mit den anderen waren wir dann über WLAN im Kontakt. Wir sind dann allerdings schnell weiter, denn allein in den zehn Minuten mussten wir drei Menschen mit dem Internet helfen.

Im Flugzeug ist dann auch endlich mein Druck auf den Ohren weggegangen, der mich seit der Landung begleitet hat. Außerdem hatten wir schon gegen zwei Uhr (?) Frühstück. Viel mehr kann ich gar nicht erzählen, weil auch hier habe ich wieder viel geschlafen.

Ankunft in Accra

Unser erste Blick auf Accra.

Am Flughafen in Accra hat alles auf Anhieb geklappt: zuerst haben wir unseren Schnelltest gemacht, danach wurde unser Visum überprüft, wir haben unser Gepäck abgeholt und zum Glück auch unser negatives Testergebnis.

Da wir so früh in Accra ankamen, hat bezev uns freigestellt, gemeinsam einen ersten Tag in der Hauptstadt zu verbringen bevor wir alle in unsere Einsatzstellen weiterreisen. Deshalb sind wir zunächst zum Salvation Army Hostel gefahren, um uns noch ein wenig auszuruhen. Ansonsten haben wir uns hauptsächlich um Papierkram gekümmert, denn seit kurzem ist die sogenannte Ghana Card verpflichtend für alle, um sich auszuweisen. Außerdem sind wir zum Busbahnhof gefahren, um mir schon einmal ein Ticket nach Tamale zu besorgen und haben unsere neuen Sim-Karten freigeschaltet, um ein paar Nachrichten zu beantworten.

Ein weiterer Grund dafür, dass wir den ersten Tag zusammen in Accra verbrachten, war Thirzas Geburtstag am Mittwoch: nachdem wir zu Abend gegessen haben, sind wir daher noch bis Mitternacht aufgeblieben, um auf ihr neues Lebensjahr anzustoßen und ihr ein paar zuvor gekaufte (ghanaische) Süßigkeiten zu schenken.

Busfahrt nach Tamale

Dementsprechend kurz war auch meine Nacht, denn um 5.45 Uhr musste ich bereits wieder aufstehen. Mit einem Uber bin ich samt Gepäck zum Busbahnhof gefahren, wo auch schon mein Überlandbus stand.

In den insgesamt zwölf Stunden Fahrt konnte ich viel aus dem Fenster schauen. Dabei habe ich ein bisschen Musik gehört, auch wenn es etwas seltsam war, meine deutsche Musik in einer mir so neuen Umgebung zu hören. Ansonsten habe ich auch hier hauptsächlich geschlafen, die ganzen Eindrücke machen wirklich müde…

In Tamale wurde ich dann von meiner Einsatzorganisation Norsaac abgeholt und zu meiner Gastfamilie gefahren.

Abendessen in Accra mit Hannah, Signy, Shirley, mir und Thirza (v.l.n.r.).

Das bedeutet: ich bin jetzt angekommen, zumindest physisch. Mental waren die letzten zwei Tage, die sich allerdings wie mindestens eine Woche anfühlen, voller Eindrücke. Deshalb konnte ich das meiste noch nicht wirklich verarbeiten und realisieren, viel fühlt sich tatsächlich so an, als würde ich es gerade gar nicht wirklich erleben. Das ist zwar komisch, aber ändert sich sicherlich in den kommenden Wochen. Und ich kann auf jeden Fall sagen, dass ich mich bisher äußerst wohlfühle.

Nächstes Mal erzähle ich euch dann mehr von meinem Leben in Tamale, bis dahin liebe Grüße an euch alle!

Meine Partner:

weltwärts      bezev e.V.     Norsaac

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Ein FSJ in Ghana Folge 3: Vorbereitung – Part II

Der Zeitplan für unser zweites Vorbereitungsseminar war ziemlich voll, aber die Themen dafür umso interessanter.

Weil es im letzten Beitrag so viel um die organisatorische Seite der Vorbereitungsseminare ging, stehen heute der gesellschaftliche, der persönliche und der spaßige Teil meiner Vorbereitung mehr im Vordergrund.

Entwicklungspolitischer Lerndienst

Beim weltwärts-Programm handelt es sich um einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst des Bundes. Ein Ziel ist es deshalb, den Freiwilligen ein grundlegendes Verständnis für globale Zusammenhänge zu vermitteln. Dieses Verständnis soll dann bestenfalls auch über den Auslandsaufenthalt hinaus genutzt werden, um sich für (globale) Gerechtigkeit und die sogenannten Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen einzusetzen.

In meinen insgesamt 15 Tagen Vorbereitungsseminar haben wir deshalb ganz unterschiedliche Themen besprochen: Prinzipiell ging es viel um Zusammenhänge zwischen Privilegien und struktureller Diskriminierung, zwischen Globalem Norden und Globalem Süden. An dieser Stelle werde ich leider nur grob skizzieren können, was wir alles besprochen haben – für mehr reicht der Platz heute nicht. Aber da ich im Laufe meines Freiwilligendienstes sicherlich häufiger mit diesen Themen konfrontiert werde, berichte ich dann an geeigneter Stelle noch einmal ausführlicher.

Das Prinzip gesellschaftlicher Privilegien ist grundsätzlich, dass Personen und Personengruppen aufgrund unveränderlicher äußerlicher Merkmale (wie Geschlecht, race, sexueller Orientierung oder körperlicher Beeinträchtigung) unterschiedlich viel Macht besitzen. Entlang dieser Machtgefälle werden Menschen dann bevorzugt oder eben benachteiligt.

Nachdem wir es endlich geschafft hatten, das Lagerfeuer mit Tampons anzuzünden, gab es Bier und später auch Gitarrenmusik.

Ein Ziel des weltwärts-Freiwilligendienstes ist es, sich eigener Privilegien bewusst zu werden. Dazu zählt beispielsweise, dass ich weiß gelesen werde. Nur wenn mir meine Privilegien als Weiße bewusst sind, kann ich rassistische Strukturen erkennen und bestenfalls nicht reproduzieren. Dafür war beim Vorbereitungsseminar ein Antirassismus-Tag mit einem externen Referenten eingeplant. Daneben war auch die Vielfalt sexueller Identitäten sowie die Lebensrealität von Menschen mit Behinderung/ Beeinträchtigung Thema. Da meine Entsendeorganisation bezev auch inklusiv versendet, legt der Verein hier einen speziellen Fokus drauf. Ich persönlich bin jedenfalls sehr dankbar, durch die Einheiten sowie direkten Kontakt und Gespräche neue Perspektiven kennenlernen zu haben.

Zusätzlich dazu, sich eigener Privilegien bewusst zu werden, möchte weltwärts beleuchten, wie Formen der Diskriminierung mit globalen Machtgefällen zusammenfallen. Im Rahmen des Seminars gingen wir daher auch folgenden Fragen nach: Welchen ökologischen Fußabdruck hat unser westlicher Lebensstil? Wie sehen die wirtschaftlichen Zusammenhänge aus, und wie können einseitige Abhängigkeiten vermieden werden? Wie prägt unsere westliche Sozialisierung unseren Blick auf die Welt?

Alles drum herum

Beweisfoto vom leckeren Essen: hier mein mitternächtliches Date mit der Kürbissuppe.

Insgesamt waren die Einheiten immer sehr interessant und kurzweilig gestaltet und es war kein stupides Herumsitzen wie in der Schule, sondern ich konnte viele neue Methoden (z.B. Planspiele) kennenlernen. Aber auch außerhalb der Einheiten hatten wir viel Freizeit; einerseits, um die Inhalte zu verarbeiten, andererseits aber auch, um uns gegenseitig kennenzulernen. Dafür haben wir zum einen kleine Exkursionen gemacht und waren im Gruga-Park in Essen. Aber auch in der Herberge, die wir quasi für uns alleine hatten, konnten wir eine coole Zeit verbringen: an zwei Abenden hatten wir keinen Regen, da haben wir dann ein Lagerfeuer gemacht. Ansonsten waren wir entweder mit H2O – Plötzlich Meerjungfrau oder dem wirklich, wirklich guten (veganen) Essen beschäftigt.

Am Ende waren wir uns dann wirklich alle sehr nahe, und es war ein komisches Gefühl, nach so viel gemeinsamer Zeit abzureisen.

Wieder zuhause

Neben den Vorbereitungsseminaren gibt es natürlich auch für mich persönlich noch ganz viel zu tun. In den letzten Tagen war ich in einigen Läden, um mich mit angemessener Kleidung und Schuhen auszustatten. Am Samstag habe ich dann einiges an Zeit und Geld im dm und Edeka verbraucht, um mich da ordentlich einzudecken: Die Schwierigkeit hierbei ist, haltbare Produkte mit wenig Volumen und Gewicht zu finden, die dann bestenfalls auch noch für ein Jahr reichen… Naja, als Lösung wurde mir Tütensuppe empfohlen (: Einige Dinge fehlen mir leider immer noch, die werde ich dann in den Tagen vor der Abreise noch besorgen. Insgesamt mag ich Packen leider so gar nicht, aber zum Glück kann ich mich an den Packlisten von zwei (deutlich organsierteren) Freund*innen orientieren.

So sieht mein Einkauf bei dm aus – es ist schon komisch, für ein ganzes Jahr zu planen.

Daneben versuche ich mich auch schon einmal ein bisschen auf das Leben da einzustellen: vor einem halben Jahr las ich mehrere sehr interessante Bücher, darunter auch Literatur der ghanaischen Schriftstellerin Amma Darko. Außerdem fand ich vor ein paar Wochen eine App, mit der ich ein paar Wörter der Sprache Dagbani lernen kann – zum Beispiel das Wort „Amaraaba“, was so viel wie „Willkommen“ heißt.

Und dann muss ich mich natürlich noch von allen verabschieden. Dazu habe ich im Juli schon meinen Geburtstag relativ groß gefeiert, am Wochenende hatte ich dann noch einmal die Möglichkeit, ein paar Freund*innen zu sehen. Vor der Ausreise selbst werde ich aber meine Kontakte reduzieren, um die Wahrscheinlichkeit für eine Corona-Infektion zu verringern.

Insbesondere die Abschiede machen es mir deutlich, dass es so langsam ernst wird… Das ist irgendwie ganz komisch, weil ich mich einerseits schon so lange auf den Freiwilligendienst freue und echt gespannt bin, wenn es jetzt losgeht. Andererseits finde ich aktuell nicht wirklich die Zeit, mich mental auf die Abreise vorzubereiten, alles wirkt noch so fern. Wahrscheinlich realisiere ich es das erste Mal ansatzweise, wenn ich dann in zwei Wochen im Flieger sitze – ich erzähle euch dann im nächsten Blogeintrag davon. Bis dann!

Meine Partner:

weltwärts      bezev e.V.     Norsaac

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Ein FSJ in Ghana Folge 2: Meine Vorbereitung – Part I

Hier war noch alles online – das erste Vorbereitungsseminar im Mai an meinem Schreibtisch

Heute geht es um meine Vorbereitung für den Freiwilligendienst. Das ist einerseits meine individuelle Vorbereitung rund ums Packen und Verabschieden. Gleichzeitig gibt weltwärts einige Seminartage und bestimmte Inhalte für die Entsendeorganisationen – in meinem Fall also bezev – vor.

Aber jetzt mal von Anfang an… Ich hatte zwei Vorbereitungsseminare mit insgesamt 15 Seminartagen, das erste war im Mai mitten zwischen meinen Prüfungen. An vier Tagen traf ich mich über Zoom mit den anderen Freiwilligen von bezev (wir sind knapp zehn), unseren Ansprechpersonen und ehemaligen Freiwilligen. Zum zweiten Seminar im August fuhr ich dann für elf Tage nach Essen in eine coole Herberge. Weil die Vorbereitung ein so elementarer Bestandteil des weltwärts-Programms ist und ich so viel aus den Seminaren mitgenommen habe und ich sowieso noch zwei Beiträge bis zu meiner Ausreise habe, widme ich mich in den nächsten zwei Blogeinträgen ausschließlich der Vorbereitung. And here we go:

Finanzen

Die Kosten eines weltwärts-Freiwilligendienstes betragen rund 10.000 Euro und werden zu 75 Prozent vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) übernommen. Dafür erhalte ich ein monatliches Taschengeld von 100 Euro, Verpflegung und Unterkunft vor Ort, sowie notwendigen Versicherungsschutz. Außerdem sind damit auch die angesprochenen Seminare inklusive jeglicher Reisekosten sowie die medizinische Versorgung (Impfungen und spezielle Medikamente wie Malariaprophylaxe) abgedeckt. Übrigens haben weltwärts-Freiwillige im Dienst weiterhin Anspruch auf Kindergeld (:

Hier seht ihr noch meinen Spendentisch zum Geburtstag. Für meinen Förderkreis habe ich außerdem verschiedene Zeitschriften und LionsClubs angeschrieben sowie ein paar ungenutzte Dinge verkauft.

weltwärts wirbt damit, für Menschen aus allen Schichten bezahlbar zu sein. Tatsächlich sind die 25 Prozent Eigenanteil nicht verpflichtend – viele Entsendeorganisationen sind allerdings auf Spenden angewiesen, um den Freiwilligendienst auch weiterhin anbieten zu können. So lässt es sich dann auch erklären, dass trotz vieler Bemühungen der allergrößte Teil der Teilnehmenden aus akademischen Kreisen kommt. Denn was auch gesagt werden muss: Die ungefähr 2.500 Euro sind für ein ganzes Jahr zwar nicht viel, insbesondere im Vergleich zu privaten Freiwilligendiensten. Gleichzeitig kommen da aber ja noch die ganzen Anschaffungskosten für Kleidung und Ausstattung dazu sowie eventuell Kosten für Visa und Unterlagen.

Der Aufbau eines Förderkreises ist deshalb wichtig, prinzipiell auf zig Weisen möglich und daher auch Thema des Vorbereitungsseminars. Insgesamt bin ich ganz froh, auf diesem Blog hier schreiben zu dürfen und somit nicht ausschließlich auf Spenden von Familie und Freund*innen angewiesen zu sein. Außerdem entspricht das auch der Idee von weltwärts, über externe Förderkreise das Freiwilligenprogramm bekannter zu machen.

Visum

Jaa, vor dem Visum hatte ich schon ein bisschen Angst, aber bisher lief alles reibungslos. Unkompliziert ist es dadurch aber noch lange nicht: Erst einmal brauche ich ein Visum, um nach Ghana einreisen zu dürfen. Das habe ich im August bei der ghanaischen Botschaft in Berlin online beantragt und alles noch einmal postalisch hinterhergeschickt. Da waren dann mein Pass (den ich extra neu beantragen musste, weil der alte einen Monat zu früh abgelaufen wäre…), ein Passfoto (was besondere Maße hat und deshalb ebenfalls extra gemacht werden musste…) und ein paar Unterlagen dabei, die garantieren, dass ich nicht auf den ghanaischen Staat angewiesen sein werde (also Kontoauszug, mein Hin- und Rückticket, ein Schreiben meiner Einsatzstelle plus Ansprechpersonen vor Ort etc.).

Das Einreisevisum habe ich bereits bezahlt und erhalten – damit kann ich dann aber nur einreisen. Vor Ort beantrage ich dann noch eine Residence Permit und eine Work Permit. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie das funktioniert, aber Unterlagen brauche ich da natürlich auch wieder: ein übersetztes Führungszeugnis und eine internationale Geburtsurkunde, spezielle Passbilder sowie eine Tropentauglichkeitsbescheinigung.

Gesundheit

…und noch eine Seminareinheit in Präsenz im August

Apropos Gesundheit: Vorsorge und Prävention sind ebenfalls elementarer Bestanteil der Vorbereitung. Dazu zählen Verhaltens- und Hygienetipps, um beispielsweise mit dem tropischen Klima oder der ungewohnten Nahrung klarzukommen. Gegen schwerwiegendere Krankheiten wurde ich in besagter Tropentauglichkeitsuntersuchung geimpft – einiges wie die vorgeschriebene Gelbfieberimpfung hatte ich bereits, trotzdem ging ich am Ende mit drei Spritzen im Arm nach Hause. Und letztendlich habe ich mich noch einmal bei meinem Haus- sowie Zahnarzt vorsorglich untersuchen lassen.

Im Prinzip nehme ich aber mit, erst einmal zu schauen, womit mein Körper zurechtkommt und mich dabei so gut es geht an den Menschen vor Ort zu orientieren.

Alles andere

Sicherheit, Gesundheitsvorsorge, Medientipps, Packliste – beim zweiten Vorbereitungsseminar haben wir alles auf Flipcharts festgehalten

Natürlich haben wir uns mit noch vielen weiteren Themen beschäftigt. Da war zum Beispiel der Bereich rund um Sicherheit und Krisenbewältigung, außerdem konnten wir uns in länderspezifischen Gruppen zusammensetzen und explizit über Ghana mit seiner Geschichte, Kultur und Landschaft, die Corona-Situation, die Sprachen und so weiter reden.

Zum Abschluss der Vorbereitung (Part I) möchte ich mich kurz entschuldigen, dass das hier so viel langweiliger Krams war. Aber erstens gehört eben auch das zum Freiwilligendienst; und zweitens können wir uns dann nächstes Mal den spannenderen Themen widmen. Macht´s gut!

Meine Partner:

weltwärts      bezev e.V.     Norsaac

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Ein FSJ in Ghana Folge 1: Ich und mein FSJ-Projekt

Wer bin ich?

Ich bin 18 Jahre alt und habe dieses Jahr in Baden-Württemberg die Schule abgeschlossen. In meiner Freizeit spiele ich gerne Gitarre oder lese im Bett. Außerdem bin ich politisch bei Fridays for Future aktiv und backe beziehungsweise koche unglaublich gerne. Besonders wohl fühle ich mich immer dann, wenn die Sonne scheint und ich singen und tanzen kann.

Da ich noch nicht genau wusste, was ich nach der Schule machen soll, habe ich bereits seit Längerem ein sogenanntes „GapYear“ geplant – also ein Jahr, das primär der Orientierung und eigenen Entwicklung dienen soll. Davon verspreche ich mir die seltene Chance, mich umfassend mit einer anderen Kultur zu beschäftigen und beispielsweise eine neue Sprache zu lernen. Indem ich in Ghana meine Komfortzone verlasse, möchte ich meine Eigenständigkeit und Selbstsicherheit steigern. Ich hoffe, anschließend die Welt um mich herum und im globalen Gefüge besser zu verstehen.

Aus diesen Gründen kam ich dann auch auf die Idee, einen Freiwilligendienst im Ausland zu machen und habe mich im letzten Sommer auf verschiedenen Seiten informiert. Schlussendlich entschied ich mich dann für einen weltwärts-Freiwilligendienst bei der Entsendeorganisation bezev, deshalb dazu jetzt mehr:

weltwärts und bezev

 weltwärts ist ein Projekt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und bietet Lern- und Entwicklungsdienste für Menschen zwischen 18 und 28 Jahre an, Menschen mit Behinderung/ Beeinträchtigung können bis 35 Jahre daran teilnehmen. Im Fokus steht hierbei der kulturelle Austausch von Menschen aus dem Globalen Süden und dem Globalen Norden.

Die Freiwilligendienste an sich werden von einer Vielzahl an Entsendeorganisationen organisiert; ich persönlich reise mit dem gemeinnützigen Verein bezev aus, insgesamt gibt es aber knapp 200 Entsendeorganisationen. Über weltwärts werden sie alle zusammengefasst – außerdem legt der staatliche Träger Rahmenbedingungen bezüglich finanzieller Unterstützung, Unterkunft im Einsatzland, Versicherung und mehr fest. Im Einsatzland selbst arbeitet weltwärts mit lokalen Partnerstellen zusammen.

Die Koordination und Organisation läuft über den deutschen Verein Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V.  bezev sitzt in Essen und arbeitet überparteilich wie auch konfessionell ungebunden an einer inklusiveren Gesellschaft. Dafür erstellt der Verein Bildungsmaterial und startet Kampagnen, außerdem ist er sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene politisch aktiv. Darüber hinaus bietet bezev seit 2008 (inklusive) internationale Freiwilligendienste an und berät als weltwärts-Kompetenzzentrum auch weitere Entsendeorganisationen.

Meine Einsatzstelle

Über bezev habe ich mich im Oktober 2020 auf das NORSAAC-Projekt beworben; NORSAAC ist eine ghanaische Frauenrechtsorganisation, die sich seit 2002 über politischen Initiativen für Frauen, Mädchen und Jugendliche in Nordghana einsetzt. Da ich die erste Freiwillige in dieser Einsatzstelle bin, werde ich mich erst vor Ort für einen Bereich entscheiden, in dem ich überwiegend arbeiten werde. Die Aktivitäten der Nichtregierungsorganisation umfassen sowohl die Bereiche Sexualität und Geschlecht, genauso wie die reproduktive Gesundheit im Zusammenhang mit AIDS. Gleichzeitig soll juristisch, politisch und privat auf die Gleichberechtigung aller Geschlechter hingearbeitet werden.

Ghana flag isolated on the blue sky with clipping path. close up waving flag of Ghana. flag symbols of Ghana.

NORSAAC arbeitet überwiegend in Nordghana und sitzt in Tamale. In dieser regionalen Hauptstadt, die für ihre (internationale) Universität bekannt ist, leben etwa 370.000 Menschen. Ich persönlich werde bei einer Gastfamilie wohnen.

Die Projekte, die über weltwärts angeboten werden, sind häufig pädagogisch, in Krankenhäusern oder Naturparks. Ich wollte allerdings möglichst in keine Schule oder Kindergarten, weil mir dafür die Qualifikation fehlt – ich komme ja schließlich frisch von der Schule. Für die Einsatzstelle bei NORSAAC habe ich mich allerdings schnell begeistern können, da ich über Fridays for Future schon in Kontakt zu politischer Arbeit gekommen bin und außerdem mein Wissen über strukturellen Sexismus gerne erweitern möchte.

Für so ein Abenteuer gibt es natürlich viel vorzubereiten – einiges ist von weltwärts vorgeschrieben, anderes sind formelle Vorgaben. Und dann muss ich ja auch noch packen und mich verabschieden… Das passt aber alles nicht mehr hier hinein, deshalb möchte ich euch nächstes Mal mehr davon erzählen. Bis dahin wünsche ich euch allen alles Gute, bis dann!

Meine Partner:

weltwärts      bezev e.V.     Norsaac

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